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Medien und Gesellschaft

"Gendergerechte Sprache", die: Warum der Duden inklusiver wird

Simon Hurtz
Journalist, Dozent, SZ, Social Media Watchblog

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Simon HurtzFreitag, 08.01.2021

Wer im Duden nach "Journalist" sucht, findet zwei Einträge: Journalist, der und Journalistin, die. Das ist neu. Die Duden-Redaktion hat im Sommer 2020 begonnen, für alle 12.000 Berufs- und Personenbezeichnungen eine männliche und eine weibliche Form aufzunehmen. Die Arbeiten sollen in diesem Jahr abgeschlossen werden.

Wenig überraschend löst das in konservativen Feuilletons Zeter und Mordio aus. "Wie der Duden heimlich gegendert wird" titelt die Welt und widmet der harmlosen Änderung ein reichlich alarmistisches 14.000-Zeichen-Pamphlet, das in dem absurden Absatz gipfelt:

[Das generische Maskulinum] ist äußerst nützlich für das Funktionieren der Kommunikation, dient der Sprachökonomie und macht gewisse allgemeine Aussagen praktisch überhaupt erst möglich. Es ist ausdrucksstärker und ökonomischer, formal einfacher, im Gebrauch häufiger, in der Bedeutung weiter und wird früher erworben als die abgeleiteten Formen. Eine Vermeidung des generischen Maskulinums indes führt zu Widersprüchen, grammatisch falschen Formen, Verständnisproblemen. (...) Gegenderte Sprache funktioniert einfach nicht richtig.

Wohlgemerkt: Weder will der Duden das generische Maskulinum abschaffen, wie der Welt-Autor fabuliert, noch hantiert er – Gott bewahre – mit Gendersternchen oder ähnlichem Teufelszeug. Es werden einzig und allein weibliche Berufsbezeichnungen in das Wörterbuch aufgenommen. Das geschieht auch nicht "heimlich", sondern in größtmöglicher Öffentlichkeit: auf duden.de.

"Unser Hauptanliegen war es, zu präzisieren: Und dazu gehörte auch, die weibliche Form auszuarbeiten", sagt Chefredakteurin Kathrin Kunkel-Razum im gepiqten Text. "Wir schaffen überhaupt nichts ab. Wir präzisieren." Für mich klingt das nicht nach radikaler "Gendersprache", vor der die Welt warnt:

Anders verhalte es sich nach Kunkel-Razum aber bei Formulierungen wie: "Ich gehe jetzt zum Arzt", dort sei das generische Maskulinum korrekter. Denn damit könne auch die Arztpraxis gemeint sein, wo man sich ein Rezept abholt, ohne dabei Ärztin oder Arzt zu begegnen.

Im Gegenteil: Der Duden will nicht Sprache prägen, sondern Sprachgebrauch abbilden – und der habe sich in den vergangenen Jahren nun mal verändert, sagt Kunkel-Razum:

Natürlich wissen wir um die Macht, die an der Marke Duden hängt. Es ist nicht unsere Aufgabe vorzuschreiben, was jemand tun und lassen sollte. Aber wir können als Duden-Verlag nicht so tun, als ob es das Gendern nicht gäbe.
"Gendergerechte Sprache", die: Warum der Duden inklusiver wird

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Kommentare 15
  1. Achim Engelberg
    Achim Engelberg · vor fast 4 Jahre

    Der Historiker und Publizist Götz Aly legt hier mit Beispielen dar, dass der Duden nicht mehr wie früher den Sprachgebrauch nur abbildet, sondern eingreift und zerstörerisch wirkt:
    https://www.berliner-z...

    1. Simon Hurtz
      Simon Hurtz · vor fast 4 Jahre

      Es wirkt "zerstörerisch", wenn es zusätzlich zu einem Schüler nun auch eine Schülerin gibt? Entschuldigung, das kann ich nicht ernst nehmen.

    2. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor fast 4 Jahre

      @Simon Hurtz Nein, das kann man intellektuell nicht ernstnehmen oder moralisch schon:

      Wenn die Zeitangaben stimmen:

      3 Minuten nachdem ich einen Kommentar eines landesweit bekannten Intellektuellen zum neuen Duden schickte, kommt schon eine Antwort.

      Weder können Sie den Beitrag gelesen noch darüber nachgedacht haben.

      Sie geben auch die Veränderungen im Duden falsch an. Götz Aly gibt dafür etliche Beispiele.

    3. Simon Hurtz
      Simon Hurtz · vor fast 4 Jahre

      @Achim Engelberg Keine Sorge: Ich bin in der Lage, Texte zu finden und zu lesen, bevor Sie mich darauf hinweisen.

    4. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor fast 4 Jahre

      @Simon Hurtz Wenn Sie den Text kennen, warum machen Sie im Piq dann falsche Aussagen über die Veränderungen?

    5. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor fast 4 Jahre

      ist mir auch viel zu aufgeregt...erste Zeile..."Gewinnmaschine namens Duden"...? was soll diese indifferente Beleidigung? na ja - weiß man wenigstens gleich, dass jemand da einen hohen Emotionspegel hatte beim Schreiben.

      Mir scheint doch ganz moderat, was der Duden da macht und soll er auf die anhaltende Debatte gar nicht reagieren?

      Aber mir ist die ganze Debatte viel zu aufgeregt...wer nicht gendern will, lässt es eben oder, besser, findet seine Methoden klarzumachen, dass er niemanden ausschließen will von seinen Aussagen. Schon im eigenen Interesse.

    6. Simon Hurtz
      Simon Hurtz · vor fast 4 Jahre

      @Marcus von Jordan Amen. Danke, Marcus.

    7. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor fast 4 Jahre

      @Marcus von Jordan Zugegeben, Aly ist polemisch - wie oft. Die Gewinnmaschine bezieht sich aber mehr auf die Vergangenheit. Deshalb Auslaufmodell. Für die Vergangenheit war sie das, was die Passage zur Entstehung des Dudens im Kaiserreich zeigt.

      Auf jeden Fall gibt Aly genügend Beispiele, dass etliche Angaben im Piq falsch sind. Es wird mehr verändert als das neben Schüler nun Schülerin steht.

      Hellhörig machte mich vor allem, dass die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, ein Alternativangebot unterbreitet. (Link im Aly-Beitrag)

    8. Simon Hurtz
      Simon Hurtz · vor fast 4 Jahre

      @Achim Engelberg Diesen Satz möchte ich nicht unwidersprochen stehen lassen: "Auf jeden Fall gibt Aly genügend Beispiele, dass etliche Angaben im Piq falsch sind."

      Ich werde das nicht weiter diskutieren und nicht auf erneute Erwiderungen eingehen. Ich habe den Eindruck, dass das zu nichts führt. Aber ich ermuntere alle Mitlesenden*, meinen Piq und den verlinkten Beitrag von Aly zu lesen und sich selbst ein Bild zu machen. Schönen Tag noch!

      (*) Ein Partizip! Genau wie etwa "stillende Mütter", das Menschen wie Aly, die von "Sprachquark" und "Sprachwillkür" schreiben, sonst wohl auch verwenden, ohne das gleich als "grausam", als "ideologisch motivierte Verkehrtheit" zu empfinden, die sich "identitären Obsessionen relativ kleiner Gruppen unterwirft".

    9. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor fast 4 Jahre

      @Simon Hurtz Ja, es ist sinnlos auf Ihrer Ebene zu diskutieren.

  2. Cornelia Gliem
    Cornelia Gliem · vor fast 4 Jahre

    gendern würde also sprache unpräzise machen? Wäre witzig wenn es nicht so traurig wär.

  3. Dirk Liesemer
    Dirk Liesemer · vor fast 4 Jahre

    Mal abgesehen vom Hinweis zur gesetzlichen Mehrwertsteuersenkung finde ich auf duden.de keinen Text, der einmal erklären würde, warum es zu welchen Änderungen kommt. Statt größtmöglicher Offenheit erinnert mich das Vorgehen der Redaktion eher an eine Black Box mit einem ziemlich opaken Innenleben. Lustig auch, dass in diesem Kanal sonst jede Redaktion kritisiert wird, die des Duden jedoch in den Himmel gelobt wird.

    1. Cornelia Gliem
      Cornelia Gliem · vor fast 4 Jahre

      nana - der Duden ist erstens nix staatliches. Alles erklären muss er nicht. Zweitens wird hier doch nicht kritiklos gelobt, die Duden Redaktion antwortet auf den Heimlichkeitsvorwurf. Das war es auch schon.

    2. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor fast 4 Jahre

      versteh ich auch nicht, wo hier kritiklos gelobt wird und "blackbox mit opakem Innenleben" wirkt auf mich ehrlich gesagt auch sehr voreingenommen.

    3. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor fast 4 Jahre

      @Marcus von Jordan Also mir ist nicht klar, wie die Redaktion zu ihren Entscheidungen kommt, warum Wörter gestrichen und bestimmte Wendungen eingeführt werden. Im Duden selbst (jedenfalls in der schon etwas älteren Ausgabe, die ich besitze) wird auch nicht erklärt, auf welcher Datenbasis Empfehlungen oder Warnungen erfolgen. Für mich sieht manches willkürlich und politisch motiviert aus. In der heutigen Zeit, in der ständig Transparenz gefordert wird, reicht mir das nicht mehr.

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