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Medien und Gesellschaft

Bild-Zeitung: eine Überschrift, zwei Unterstellungen – und der Volkszorn trifft Mario Sixtus

Simon Hurtz
Journalist, Dozent, SZ, Social Media Watchblog

Mag es, gute Geschichten zu erzählen.
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Mag es gar nicht, in der dritten Person über sich zu schreiben.

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Simon HurtzMittwoch, 05.02.2020

Am vergangenen Sonntag fuhr Mario Sixtus mit dem Zug von Berlin nach Köln. Der ICE war überfüllt, deshalb mussten Reisende stehen oder auf dem Boden sitzen. Zusätzlich stiegen an mehreren Bahnhöfen Soldatïnnen der Bundeswehr zu. Sixtus machte seinem Ärger auf Twitter Luft:

Was für Flüssigkeiten muss man eigentlich konsumiert haben, um auf die Idee zu kommen, dass in gnadenlos überfüllten ICEs die zusätzliche Anwesenheit von Soldaten mit Feldgepäck für eine höhere Akzeptanz des Soldatenberufs führt und nicht etwa zu kaltem Hass auf alle Tarnanzüge?

Der Hintergrund zu seinem Tweet: Seit Anfang des Jahres dürfen Soldatïnnen kostenlos Bahn fahren, wenn sie dabei Uniform tragen. "Politisches Ziel ist es, die Sichtbarkeit von Soldatïnnen zu erhöhen, damit sie im Alltag als Staatsbürgerïnnen in Uniform in der Gesellschaft wahrgenommen werden", begründet das Verteidigungsministerium die Maßnahme.

Man kann die Freifahrten gut oder schlecht finden. Man kann Sixtus Tweet nachvollziehbar oder unnötig polemisch finden. Wozu es meiner Meinung nach keine zwei Meinungen geben kann, ist die Art und Weise, wie die Bild-Zeitung Sixtus' Tweet aufgegriffen hat – die ist daneben.

Das beginnt bereits bei der Überschrift: "ZDF-Journalist pöbelt gegen Bundeswehr-Soldaten". Der Satz enthält zwei Unterstellungen: Erstens ist Sixtus kein ZDF-Journalist, sondern freier Drehbuchautor, Filmemacher und Journalist. Einer seiner Auftraggeber ist das ZDF. Zweitens pöbelt Sixtus nicht gegen Soldatïnnen, sondern kritisiert die Tatsache, dass sie kostenlos mit der Bahn fahren dürfen.

Persönlich bin ich bei Renate Künast, die "kalten Hass" als etwas übertrieben empfindet (auch wenn die Formulierung als Frage daherkommt). Sixtus' zweiten Tweet, in dem er Tarnanzüge als "Berufsbekleidung von Menschen, die Menschen töten" bezeichnet, finde ich ebenfalls zu angriffslustig. Ich mag keine Uniformen, militärische Symbole stoßen mich ab, aber es war absehbar, dass sich Soldatïnnen (die teils auch in Uniform sinnvolle Dinge tun, etwa bei Ausbildungseinsätzen oder Blauhelm-Missionen) davon angegriffen fühlen.

Völlig unabhängig davon enthält keiner dieser Tweets die Pauschal-Pöbelei, die ihm die Bild-Zeitung unterstellt. Doch der Artikel hatte Folgen für Sixtus:

Die Bild hat mich zum Bundeswehr-Hasser erklärt, und Bild-Leserïnnen folgen diesem Spin. Mitarbeiterïnnen und Fans der Bundeswehr verbreiten inzwischen offene Lügen und Diffamierungen über mich. (...) Dass die Bild nun auch mich mit Halb- und Unwahrheiten bewirft und ihre Hass-Horden auf mich hetzt, war vermutlich absehbar. Mittlerweile ist Focus Online auf die Welle aufgesprungen, und das rassistische Hassblog „PI-News“ hat auch seine Leserïnnen in meine Richtung geschickt.

Beim Volksverpetzer fasst es Thomas Laschyk so zusammen:

So haben Bild und Focus einen Pseudo-Skandal erzeugt und dafür gesorgt, dass ein Filmemacher Todeswünsche erhält. Nicht nur das: Völlig unnötigerweise wurde das ZDF in diesen Pseudo-Skandal hineingezogen und ein rechtsextremes Anti-ÖRR-Narrativ befeuert. (...) So ein Umgang mit Fakten und mit seiner Reichweite ist völlig unverantwortlich.

Bild-Zeitung: eine Überschrift, zwei Unterstellungen – und der Volkszorn trifft Mario Sixtus

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