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Spionin, Detektivin oder Archäologin wollte ich eigentlich werden. Dann reichte es nur zur Schriftstellerin. Zumindest kann ich seitdem meiner Passion im Recherchieren nachgehen. Bislang hielt ich mich dazu in verschiedenen Ländern, wie Portugal, Österreich, USA oder Japan auf. Mein letzter Roman "O.", eine Neuschreibung der Odyssee aus weiblicher Perspektive, ist im März 2020 erschienen. Außerdem gibt einen neuen Essayband mit dem Titel "Erfundene Heimaten". Zurzeit arbeite ich an einem Projekt, das sich mit der Darstellung von Historie in aktuellen literarischen Werken beschäftigt.
Der bildende Künstler und Autor de Waal hatte mit seinem Buch Der Hase mit den Bernsteinaugen die Geschichte seiner jüdischen Familie, den Ephrussis, erforscht. Für sein neues Buch führt de Waals Erkundung von der verschriftlichten Überlieferung des Archivs bis zur architektonischen Anlage eines Pariser Wohnhauses, das einst dem jüdischen Sammler Camondo gehörte. Er will das Vergangene in den darin aufbewahrten Dingen erspüren und setzt neben dem Sehsinn auch seinen Tastsinn ein. De Waal berührt Stoffe und Teppiche, öffnet Schubladen, fühlt sich in Räume ein. Er erzählt von einer Zeit, als es reichen jüdischen Familien, wie dem in Konstantinopel geborenen Camondo möglich war, sich in Paris niederzulassen, einen kultivierten Lebensstil zu pflegen, sich als Teil der Pariser Gesellschaft zu fühlen, mit einem Wort dazuzugehören, indem die einst Eingewanderten französischer als die Franzosen wurden. Schließlich vermachte Camondo das Haus samt Inhalt dem französischen Staat mit der Auflage, es als Museum zu führen. Zu diesem Zeitpunkt sind antisemitische Schmähungen in Frankreich längst an der Tagesordnung. De Waal deutet die Erstellung der Sammlung sowie die Umwidmung des Wohnhauses zum Museum als Vorausahnung einer kommenden Diaspora, die mit der Kapitulation Frankreichs einsetzen wird. Damit ähnelt das Narrativ der Familie Camondo dem der Ephrussis: Von Aufstieg, Wohlstand, Respekt, zu Ausgrenzung, Verfolgung, Tod. Diese Unausweichlichkeit ist es, welche die Wut des forschenden Erzählers nährt und ihn veranlasst, seine Tätigkeit nicht ruhen zu lassen. Um dem Gefühl eines Verlusts entgegenzuarbeiten, wird die goldene Ära heraufbeschworen, in Einzelheiten ausgebreitet. Doch je wunderbarer das Verlorene erscheint, desto schlimmer der Effekt, dass all dies aus politischer Willkür und Rassismus zerstört wurde.
Stilistisch ermöglicht die in Briefform gehaltene Recherche eine direkte Verbindung des Erzählenden mit der Historie. Das Buch in blauem Leinen setzt sich aus 58 mit römischen Zahlen überschriebenen Sentenzen zusammen. Der Umgang mit dem Textraum ist großzügig, die Kapitel ähnlich wie die Gegenstände im Camondo-Haus arrangiert, manchmal in der Art von Gedenksteinen inmitten einer Buchseite, umgeben von weiß. Dazu kommen Fotografien von Objekten, Möbeln, Gemälden sowie Aufnahmen der ehemaligen Bewohner des Hauses. Nach der Darstellung all dieser Pracht, mit der sie sich umgaben, werden schließlich die Karteikarten, letzte Zeugnisse ihres Lebens, ganzseitig abgedruckt. Buchstaben, Durchstreichungen, Kürzel bestimmten ihre Körper zur Deportation in Vernichtungslager.
Dieses Buch kann also in Inhalt wie Aufmachung als Reparation verstanden werden, lebendig gemachtes Museum, ein Gedächtnisraum. Mit Camondo verfasst de Waal neuerlich Historie aus der Perspektive des Verlusts. Der Prozess des Nachforschens kann jedoch nie abgeschlossen sein, weil Geschichte nicht etwas ist, das vorbei ist, sondern etwas, das weiterlebt in uns, in Gebäuden, Straßen, in Dingen:
„Geschichte geschieht. Sie entfaltet sich in unseren Händen.“
Edmund de Waal : Camondo. Zsolnay-Verlag 2021
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