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Hendrik Streeck, Leiter des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Bonn, ist seit Beginn der Corona-Pandemie Dauergast im deutschen Fernsehen. Sein Renomée als HIV-Forscher, die Selbstgewissheit, mit der er sich äußert, und seine telegene Ausstrahlung machen ihn aus Sicht der Redaktionen zu einer Idealbesetzung. Von Beginn an hat Streeck konsequent der vorherrschenden Meinung über das Virus und seine Bekämpfung widersprochen.
Das ist grundsätzlich nicht verkehrt. Die Wissenschaft lebt davon, dass Menschen miteinander diskutieren, Fehler benennen, Irrwege verlassen, neue Thesen aufstellen.
Das Virus war neu, seine Verbreitungsart unbekannt und seine Bekämpfung unklar. Viele Expert:innen haben anfangs Dinge falsch eingeschätzt, später differenziert und Einschätzungen revidiert.
Fehler einzugestehen und zu korrigieren ist ein wesentliches Merkmal von seriöser Wissenschaft. Doch Hendrik Streeck hat etwas anderes gemacht: Er hat seinen verharmlosenden Kurs trotz neuer Erkenntnisse durchgezogen. Er hat sich ausgerechnet von denen einspannen lassen, die jeweils zu früh Restriktionen aufheben oder zu spät auf gefährliche Entwicklungen reagieren wollten. Bewusst oder unbewusst hat er zudem ein Bedürfnis vieler Medien nach Polarisierung bedient, deren Frage nicht war: Wer weiß es besser als Drosten? Sondern: Wer bringt die härteste Gegenposition ein?
Joachim Budde und Christian Schwägerl haben sich Punkte angesehen, bei denen der Virologe Verwirrung stiftete.Sender, Zeitungen und Magazine haben Streeck dafür mit Aufmerksamkeit und Reichweite belohnt. Das wäre in Ordnung, wenn es nicht ein entscheidendes Problem gäbe: Dass Streeck mit den allermeisten Einschätzungen daneben lag – so sehr, dass er mehrfach eigenen Aussagen später widersprechen musste. Was dabei unterblieb: Das seriöse Eingeständnis, sich geirrt und dazugelernt zu haben.
Beispiel: Herdenimmunität
Trotz der umfassenden Kritik der Herden-Strategie von seinen Fachkollegen fordert Streeck Anfang Juni in einem Interview mit der dpa, während der Sommermonate 2020 gezielt mehr Infektionen zuzulassen: „Dann bauen wir eine schleichende Immunität in der Gesellschaft auf, die dann am Ende diejenigen schützt, die auch einen schwereren Verlauf haben können.“
Im Herbst dann leugnet er allerdings alles – ein Muster, das sich auch bei anderen Themen zeigt. Während der Autorisierung eines Interviews des Magazins Cicero fügt er den Satz ein: „Tut mir leid. Ich habe nie auf Herden-Immunität gesetzt.“ Was nachweislich nicht stimmt.
Wenig später eine erneute Kehrtwende, Streeck setzt seine alte Argumentation wieder fort. Am 5. Januar 2021 fordert er auf Twitter, Altenheimbewohner besser zu schützen, aber „ohne die Bevölkerung weiter zu beschränken“.
Es zeigt sich: Streeck hat die ganze Zeit auf das falsche Konzept gesetzt und sich nicht selbst korrigiert, wie es sich für einen seriösen Wissenschaftler gehören würde.
Das ist nur eines von 12 weiteren Themenfeldern, bei denen Hendrik Streeck in der Öffentlichkeit einen Einzelstandpunkt vertritt, der von Wissenschaftlern längst widerlegt ist – und in den Medien an das ganz große Publikum kommunizieren darf.
[Der Text ist per Einzelkauf oder über die RiffReporter-Flatrate lesbar]
Quelle: Joachim Budde/Christian Schwägerl Bild: WDR/Melanie Grande Artikel kostenpflichtig www.riffreporter.de
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Im letzten Interview, das ich in dieser Woche mit ihm gesehen habe, hat er sehr wohl Fehleinschätzungen zugegeben. Ob das nun rechtzeitig war, das muss jede/r selbst entscheiden.
Hey liebe Piquer, ich zahle gerne für Qualitätsjournalismus, ich bin auch beigetreten aber nun, in solchen Momenten, fühlt sich das schal an. In Momenten, in denen piqd perfekte Teaser für Angebote hinter der Bezahlschranke bietet. Ich kann nicht überall Mitglied werden. Gerade hier in so einem Fall wiegt das aber schwer, weil die Behauptung zumindest kontrovers ist (siehe Kommentar Axel Fischbacher). Das heißt, wenn ihr sagt, dass Streeck virologisch nicht dazugelernt hat, könnte man sagen: ihr habt es journalistisch nicht getan. In der Frühphase der Pandemie ist vieles ins Rutschen geraten, weil z.B. Interviewausschnitte von Christian Drosten verkürzt als Tweet-Exzerpte rausgehauen wurden, deren komplette Texte hinter der Bezahlschranke schlummerten. Dann wurde meist die Punchline geteilt und die hat dann ihre diskursive Spur der Verwüstung gezogen. Hier ist es doch genauso. Vorschlag: Im Idealfall frei zugängliche Texte empfehlen, im Einzelfall welche hinter der Bezahlschranke (wenn sie in ihrer Herangehensweise weniger kontrovers sind). Am Besten wäre: Hier einen "Bezahlschranken-Bypass" für Leute aus der piqd-Community schaffen. Danke.
Dieser Artikel hält keinem Faktencheck stand. Es hilft niemandem, wenn alle bis zur Verblödung ihre vorher bereits bekannten Standpunkte unter einer neuen Beleuchtung in Szene setzen. Das ist einfach nur Propaganda. In diesem Fall wird auf allen nur möglichen Kanälen soeben die bereits festgelegte Lockdownverlängerung flankiert.
Es ist schäbig und dem seriösen Journalismus ein weiterer Sargnagel.