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Europa

Vorwärts scheitern: State of the European Union

Philipp Haaser
Journalist
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Philipp HaaserDonnerstag, 16.09.2021

Die EU macht Fortschritte derzeit vor allem durch das Scheitern (failing forward). Das verhindert zwar den Stillstand, sorgt aber zunächst häufig für Enttäuschung in der Bevölkerung. Das ist die These, die unter anderem die Politikwissenschaftlerin Theresa Kuhn vertritt, Associate Professor an der Universität Amsterdam.

Früher wollte eine Mehrheit, dass sich die EU aus den nationalen Belangen stärker heraushält. Das habe sich verändert. Umfragen zeigen, dass die Bürger heute von der EU mehr Zusammenarbeit erwarten. Gleichzeitig sind die Bürger enttäuscht. Kuhn interpretiert das als hohe Erwartungen, die die EU nicht erfüllt.

Sie könne diese gar nicht erfüllen, weil den EU-Institutionen in vielen Feldern die rechtliche und tatsächliche Kompetenz fehlt. Auch das Personal, das beispielsweise effektiv mit Impfstoffherstellern hätte verhandeln können, fehlt. Die EU hat keine andere Wahl, als diese Kompetenzen herzustellen, sagt Kuhn.

Eine Fokussierung alleine auf vermeintliche Kernkompetenzen wie den Binnenmarkt, funktioniert heute nicht mehr. Dafür ist die Integration zu weit vorangeschritten, die Welt zu globalisiert. Der gemeinsame Arbeitsmarkt etwa erfordert das Nachdenken über grenzüberschreitende Pensionssysteme.

Brüssel muss mit den Mitgliedländern ringen. Fortschritte vollziehen sich oft nur nach einem Moment des Scheiterns. Nachhaltige Lösungen kommen erst zustande, nachdem unzureichende Lösungen ihre Mängel offenbart haben. Nachdem es keine Eurobonds nach der Finanzkrise gab, nehmen die Mitgliedsländer zur Bewältigung der Pandemie-Folgen nun bereitwillig gemeinsam Schulden auf. Kuhn hält es für vorstellbar, dass das auch für die Lehren aus der Flüchtlingsbewegung 2015 gilt.

In diesem Scheitern gibt es immer wieder „kreative Wege“, um Stillstand oder Chaos zu verhindern, sei es die Troika in der Eurokrise, die „sparsamen Vier“ oder der „deutsch-französische Motor“.

Vorwärts scheitern: State of the European Union

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