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Klima und Wandel

Vor Gericht: Umweltzerstörung als Straftatbestand

Nick Reimer
diplomierter Energie- und Umweltverfahrenstechniker, Wirtschaftsjournalist und Bücherschreiber
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Nick ReimerFreitag, 20.11.2020

Habt Ihr schon den Film "Ökozid" gesehen? Der springt ins Jahr 2034, Angela Merkel und Gerhard Schröder müssen sich vor dem Internationalen Gerichtshof für unterlassenen Klimaschutz verantworten. Sicherlich: Neu ist der Plot nicht, "Crash  2030" aus dem Jahr 1994 ging genau so vor: "Im Moment ermitteln wir gegen die Verantwortlichen der Jahre 1995 bis 2005, die letzten Jahre, in denen vielleicht eine Klimawende möglich gewesen wäre", sagt dort der Chefankläger bei Minute 42:02, gespielt übrigens, von einem heute ziemlich bekannten Gesicht der heute-show. (Pardon, ich schweife ab...)

Die Idee hinter den Filmen jedenfalls will jetzt die Kampagne Stop Ecocide voranbringen: Umweltzerstörung soll zu einem Straftatbestand des Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag werden. Derzeit verfolgt der Strafgerichtshof im Wesentlichen vier Verbrechen: Genozid, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und Verbrechen der Aggression. Umweltzerstörung kann lediglich innerhalb von Kriegsverbrechen verfolgt werden.

Würde auch Umweltzerstörung vom Internationalen Strafgerichtshof verfolgt, könnten die Verursacher zu Gefängnisstrafen verurteilt werden. Laut Kampagne würden unter diesen Tatbestand  "umfangreiche Umweltschäden und Umweltzerstörung" fallen, die "die friedliche Wohlfahrt der Einwohner stark beeinträchtigt" – es geht also nicht um den Massentourismus am Mittelmeer oder um den Dannenröder Forst. Zudem können innerhalb des internationalen Strafrechts derzeit nur natürliche Personen angeklagt werden, keine Firmen oder Institutionen.

Um tatsächlich Straftatbestand zu werden, müsste sich die Mehrzahl der Staaten darauf einigen. Die Angela Merkels dieser Welt müssten also zustimmen, dass sie so wie im Film "Ökozid" künftig verklagt werden, innerhalb des Internationalen Strafgerichtshofs bräuchte es eine Zweidrittelmehrheit, was sich auf 82 Staaten belaufen würde. Irgendwie schwer vorstellbar.

Allerdings gibt es bereits andere Wege, Umweltzerstörung zu ahnden. Dank der Aarhus-Konvention ist es leichter, Umweltschäden aufzudecken. Die Zahl der Klimaschutzklagen nimmt zu, in London wurde so beispielsweise die dritte Startbahn am Londoner Flughafen Heathrow verhindert. Das oberste Gericht der Niederlande zwang die Regierung, die Treibhausgasemissionen viel stärker zu senken, als geplant. Organisationen wie Client Earth gehen juristisch gegen Regierungen und Konzerne vor, die die Klimakrise befeuern. In Frankreich ließ Präsident Emmanuel Macron in diesem Jahr eine Bürgerversammlung einberufen, die 150 zufällig ausgewählten französischen Bürgern die Möglichkeit gab, Strategien im Kampf gegen die Klimakrise vorzuschlagen. An vorderster Stelle stand, Umweltzerstörung zu einem Verbrechen zu machen. Da kommt etwas in Bewegung!
Vor Gericht: Umweltzerstörung als Straftatbestand

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