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Schlimmer als unappetitlich: Mangelernährung im Krankenhaus

Med Watch
evidenzbasierter Medizinjournalismus
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Med WatchSonntag, 06.02.2022

Jeder kennt die Tabletts, auf denen im Krankenhaus das Essen serviert wird. Der Klassiker am Abend: Graubrot, Käse, Fleischwurst. Ein verzweifeltes Stückchen Tomate oder Gurke. Eingepackte Butter. Oder Margarine. Nicht schön. Bisher dachten wir: So ist es eben. 

Unser Autor Martin Rücker hat uns mit seinem großen Text über die Folgen der Mangelernährung im Krankenhaus gezeigt, dass dieses Problem weitaus mehr als ein kulinarisches ist: 

Als die US-amerikanische Agentur für Forschung und Qualität im Gesundheitswesen (AHRQ) im Oktober vergangenen Jahres ihre große systematische Review zum Thema Mangelernährung in Kliniken vorlegte, sah sie vieles klar belegt: Dass mangelernährte Patient:innen, die aufgrund einer schwerwiegenden Erkrankung ins Krankenhaus müssen, mit schlechteren Heilungsverläufen rechnen müssen. Dass es bei ihnen häufiger zu Komplikationen kommt. Dass sie länger in der Klinik bleiben müssen und die Sterblichkeitsquote unter ihnen im Vergleich zu gut Genährten größer ist, auch dafür fand die US-Behörde deutliche Hinweise. Studien aus 20 Jahren hatte sie dafür ausgewertet.

Und:

Zu den Folgen einer Mangelernährung – dazu zählen erhöhte Infektanfälligkeit, gestörte Wundheilung, längere Genesungsprozesse, erhöhte Sterblichkeit – gibt es eindeutige Befunde. Die österreichische Ernährungswissenschaftlerin Angelika Beirer wertete für eine 2021 veröffentlichte Übersichtsarbeit die weltweite Forschung zum Thema Mangelernährung und Krebs aus. Sie kommt auf dieser Basis zu dem Schluss, dass bei bis zu 20 Prozent der verstorbenen Krebspatient:innen nicht ihre Erkrankung, sondern Mangelernährung die Todesursache ist. Andere Studien kamen teilweise zu noch höheren Anteilen.

Das Schlimme: Das Problem ist längst bekannt und gut erforscht. Trotzdem ändert sich nichts. 

Im Jahr 2003 verabschiedete der Europarat eine Resolution, in der er die Zahl mangelernährter Krankenhauspatient:innen als „inakzeptabel“ bezeichnete. Im Anhang: eine lange Liste dringender Empfehlungen, was gegen das Problem zu tun sei. Was wurde daraus, bald 20 Jahre danach?

Das Bundesgesundheitsministerium hat dazu „keine Erkenntnisse“, teilt es auf Anfrage mit. Politischen Handlungsbedarf sah es bisher ohnehin nicht: „Für die Verpflegung im Krankenhaus sind die Kliniken im Rahmen ihrer Organisationshoheit selbst verantwortlich. Eine gesunde und patientenorientierte Verpflegung erscheint insoweit als Aspekt, bei dem sich die Krankenhäuser im Wettbewerb um die Patientinnen und Patienten in eigenem Interesse engagieren“, hieß es Mitte 2020, noch unter Leitung des CDU-Politikers Jens Spahn, in einer Antwort des Ministeriums auf eine parlamentarische Anfrage. Den Positionen habe es „heute nichts hinzufügen“, erklärt eine Sprecherin auf MedWatch-Anfrage im Januar 2022, verwies dabei aber auch auf die noch kurze Amtszeit der neuen Regierung und darauf, dass die Priorität bei der Pandemiebekämpfung liege.

Es bleibt zu hoffen, dass im Laufe der Amtszeit vielleicht doch einmal etwas passiert. 

Wie das Problem der Mangelernährung im Krankenhaus in der Praxis gesehen wird, dazu hat Martin auch noch mit Johann Ockenga gesprochen. Der Direktor der Medizinischen Klinik II am Klinikum Bremen-Mitte ist Mitverfasser mehrerer Leitlinien zur klinischen Ernährung. Er wünscht sich politische Vorgaben – und hofft auf Karl Lauterbach. Wir empfehlen auch dieses Interview zum Text.

Schlimmer als unappetitlich: Mangelernährung im Krankenhaus

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Kommentare 1
  1. Günther Ahlers
    Günther Ahlers · vor fast 3 Jahre

    Warum wird Resolutionn auf Englische geschrieben wir sind hier in Deutschland wo das einfache Volk oft nur ungenügend Englisch versteht. Ich möchte das nicht als Diskriminierung sehen, sondern als Tatsache.

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