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Jahrgang 1978, Journalistin und Autorin. Sie studierte Neuere deutsche Literaturwissenschaft und Geschichte in Bochum.Texte von ihr wurden unter anderem in der FR, FAZ, auf ZEIT ONLINE und in der Neuen Rundschau veröffentlicht. Sie ist Mitherausgeberin der Zeitschrift Pop. Kultur und Kritik, für die sie regelmäßig über Pop und Kunst schreibt. Außerdem ist die Mitglied der Redaktion von 10nach8, eine Kolumne und ein Autorinnen-Kollektiv bei ZEIT ONLINE.
Dieses Mal habe ich den Schriftsteller, Übersetzer und Literaturwissenschaftler Kevin Vennemann eingeladen. Unser Gespräch dreht sich um die Buddenbrooks, Todesarten weiblicher Romanfiguren im 19. Jahrhundert und wie man der Monotonie des Alltags entkommen kann.
Erinnert ihr euch noch an den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik? Einfach heruntergebrochen: Bei der Umwandlung von Energien entstehen immer Verluste, alles erschöpft sich. Diese Entdeckung ging nicht nur in unsere Schulbücher ein, sondern wurde in den Diskursen des 19. Jahrhunderts oft als Beschreibung für die ermüdete Gesellschaft benutzt.
Der Autor und Literaturwissenschaftler Kevin Vennemann ist in seinem aktuellen Buch diesem Energieverlust der bürgerlichen Gesellschaft gefolgt. Er liest in „Die Welt vom Rücken des Kranichs. Thermodynamik und der Verfall einer Familie“ (2020 bei Matthes & Seitz Berlin erschienen) die „Buddenbrooks“ als eine Erschöpfungschronik. Vennemanns Buch ist ein Close Reading des Debütromans von Thomas Mann und eine Auseinandersetzung mit den gesellschaftlich zu Tode gehetzten Frauenfiguren der Literatur des langen 19. Jahrhunderts.
Mitgebracht hat Kevin Vennemann zum Gespräch drei seiner Lieblingstexte: „The House of Mirth“ von Edith Wharton, „Heilig Blut” von Gisela Elsner und die Erzählung „Winter in den Abruzzen“ von Natalia Ginzburg, die man in dem Band „Kleine Tugenden“ findet. Die Texte führen zu Gesprächen über Müdigkeit, politische Literatur und Antifaschismus und in die Gegenwart.
Natalia Ginzburgs Erfahrungen aus dem Exil, in dem sie von den Faschisten verbannt in einem monotonen Alltag gefangen war, machen Mut für die Situation während der Pandemie:
"Sie sagt, dass alle Träume, die wir hegen, der eigentliche Motor für alles Agieren sind. Die Grundform ist die Monotonie und alles andere besteht nur aus Träumen, Hoffnungen und Sehnsüchten. […] Das Beste was man machen kann, sagt sie im Nachhinein, ist diese Grundmonotonie zu füllen, mit Träumen, Sehnen, Hoffen."
Kevin Vennemann
Der 1977 in Dorsten geborene und heute in Los Angeles lebende Autor hat schon einige empfehlenswerte Romane und Essays geschrieben. „Nahe Jedenew“, „Mara Kogoj“ und „Sunset Boulevard. Vom Filmen, Bauen und Sterben in Los Angeles“. Bekannt wurde er hierzulande aber auch mit den Übersetzungen von Marc Greif, Franco Berardi und Chris Kraus. Er lehrt am Scripps College Claremont, Kalifornien.
Dear Reader ist eine Kooperation von piqd.de und detektor.fm.
Quelle: Mascha Jacobs Bild: Lyannie Tran detektor.fm
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