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Kurator'in für: Pop und Kultur Fundstücke Medien und Gesellschaft
Freier Journalist in Hamburg. Liebste Arbeit: Interviews führen; übelste Arbeit: Interviews abtippen.
Flohwalzer-Virtuose. Erste selbstgekaufte Kassette: Roxette - "Tourism". Krautrock, afrikanischer Blues und Souljazz waren da noch fern. Schätzt "Handgemachte Musik", und hört natürlich trotzdem HipHop, Dub und Ambient.
"Welche Hautfarbe hat meine Stimme?", fragt Kolja Unger provokant zu Beginn seines Corso-Specials "Pop postkolonial" im Deutschlandfunk. Mit der Black Lives Matter Bewegung ist das Thema "Rassismus im Pop" endgültig auch im deutschen Mainstream angekommen.
In den USA ist man schon länger weiter, selbst die großen Major Labels wollen sich nun kümmern. Eine "Task Force for Meaningful Change" von Universal Music klingt erstmal ziemlich amerikanisch großspurig – aber hey, es ist ein Anfang.
Ted Gaier hat nun für die Wochenzeitung WOZ Angel Bat Dawid interviewt. Ihre aktuelle Platte "Live" wurde 2019 auf dem Jazzfest Berlin aufgenommen. Der Mitbegründer der Goldenen Zitronen fragte die Klarinettistin und Sängerin aus Chicago, worin der Unterschied bestehe, wenn Schwarze oder Weiße Jazz spielten. Ihre Antwort: "Wenn es den Link zu unserer Geschichte nicht gibt, ist es eine tote Kunst." Man habe den Sklaven alles weg genommen, ihre Sprache, ihre Kultur, nur die Musik sei erhalten geblieben.
Gaier hakt stets klug nach und erwähnt angesichts der groben Behandlung, die Dawid in Berlin erlebte, den Einwand, der nicht immer von der Hand zu weisen ist: "das kann auch anderen passieren, das sind vielleicht Arschlöcher, aber keine Rassisten." Dawid gibt im Album-Begleittext zu, dass sie hypersensitiv sei, aber: "intellectual and structural racism is still a rampant and ugly beast, especially in the European music world".
Das ungezügeltes Biest Rassismus – noch immer präsent in Europa? Darüber können sich Weiße kaum ein Urteil erlauben. Dawid jedenfalls erklärt ihre Sensibilität mit einer posttraumatischen Belastungsstörung: "Nur nenne ich sie lieber posttraumatische Sklaverei-Symptome".
Um in dieser Hölle zu überleben, muss ich mich neu programmieren. Es braucht Zeiten, wo Schwarze Leute unter sich sind. Das können kleine Sachen sein, wie zum Beispiel mein Instagram-Account. Ich folge nur Schwarzen Leuten.
Back to the music: Dawids "Live"-Album "dokumentiert brillant, wie Free Jazz sowohl als Erforschung als auch als Exorzismus fungiert", meint Pitchfork. Mir kommt es wüst und sehr anstrengend vor - aber das trifft schließlich auf jede Teufelsaustreibung zu.
Wem das zu krass ist: ich empfehle Angels schön entspanntes "Transition East".
Quelle: Ted Gaier www.woz.ch
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ob Weiße Jazz "dürfen" / können - gehört zur wichtigen Diskussion um kulturelle Aneignung etc. Ich glaube persönlich zwar, dass Aneignung nicht nur Diebstahl sein muss, sondern eben auch Hommage sein kann.
Aber es ist nicht mein Part - als Weiße - darüber zu befinden, ob und wie POC das sehen und empfinden... und ähm ihr Recht, "überempfindlich" zu sein.
Wir Deutschen sollten hier unsere Erfahrung in Aufarbeitung und Sensibilität übertragen: demjenigen der davon redete die 'Juden' sollen doch nicht so empfindlich sein, würden wir was husten... (sry dass dieser Satz teilweise parodistisch klingt :-)).
Großartiges Interview, von beiden!