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Volk und Wirtschaft

Zu bunt getrieben

Hendrik Spree
Ad Boy 4 Life

*lebt noch*

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Hendrik SpreeDienstag, 02.07.2019

In jedem dritten größeren Briefing, das auf meinem Schreibtisch landet, geht es um "creating occasions" – die Generierung von zusätzlichen Kaufanlässen. Weil man in den Vertriebs- und Marketingabteilungen meint erkannt zu haben, da relativ einfach und sicher Potenzial beim Maximieren der Absatzmöglichkeiten abschöpfen zu können. Das läuft in der Regel nach einem dieser beiden Schemata ab, weil Erfolg eben besonders oft kopiert wird, wenn ein Rezept dahinterzustecken scheint:

  • Marken des täglichen Bedarfs versuchen, mit special editions ihrer Produkte zu bestimmten Anlässen mehr zu verkaufen. Man möchte der übers Jahr ziemlich geradlinig verlaufenden Verkaufskurve den einen oder anderen Peak verpassen. Mittlerweile schon klassisch zu nennender Fall sind hier die unzähligen schlandfarbig gebrandeten Verpackungen im Zuge einer Fußball-WM. Scheißrotgoldenes Klopapier und so.
  • Marken des eher besonderen Bedarfs versuchen, ihre Produkte zu mehr dieser besonderen Anlässe an den Mann bzw. die Frau zu bringen. Man möchte die Täler zwischen den Peaks schließen, schließlich wäre eine gleichmäßige Auslastung der Produktionskapazitäten effizient. Etwa Pralinenhersteller, die neben Weihnachten und Ostern plötzlich zu Halloween irgendwas mit Kürbisgeschmack sowie herzchenförmige Geschenkboxen zum Valentinstag rausbringen.

Einmal Blut geleckt, verselbständigt sich diese Masche dann; kaum etwas kann sich der kapitalistischen Verwertungsvereinnahmung entziehen. Der Sog wird auch von Jahr zu Jahr exponentiell schneller, weil jeder Rasiererproduzent, jede Airline und jeder Waschmittelproduzent auf einmal purpose-driven sein muß. Auf der Suche nach einer halbwegs passenden Haltung ist ihnen nichts heilig. Und jetzt fallen sie eben als nächstes Opfer über den #PrideMonth her. Wie übertrieben das ist, wie es ausartet, beklagt nun schon die teenVOGUE.

Aber was habe ich gesagt?

Zu bunt getrieben

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