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1986 in Kiew zur Welt gekommen. Seit zwanzig Jahren einer von den guten Einwanderern. In Leipzig Politikwissenschaft, Soziologie und Philosophie studiert. An der Deutschen Journalistenschule zum Redakteur verarbeitet. Seitdem beseeltes Berliner Edelprekariat. Ach ja, bei Hanser Berlin Literatur verbrechend. Das mach ich wirklich gern.
"Die Entlassenen haben berichtet, dass sie im Gefängnis Schreie von Männern hörten, die nicht mehr menschlich klangen, sondern wie die Schreie von Tieren. Und vor den Gefängnissen warteten die Mütter und Väter auf ihre Kinder und hörten sie ebenfalls... Das müssen Sie sich vorstellen! Die Kleidung der Gefangenen wird mit Farben markiert. Rot für die Opposition, mit denen kann man machen, was man will."
Swetlana Alexijewitsch ist Literaturnobelpreisträgerin und Mitglied des Koordinierungsrats, der den friedlichen Übergang zur Freiheit in Weißrussland organisieren sollte. Von friedlicher Revolution kann allerdings keine Rede sein, wie das kaum erträgliche Zitat oben bezeugt. Diktator Lukaschenko mordet und foltert. Alexijewitsch gibt das Interview von ihrem neuen Berliner Exil aus. Die Proteste erlahmen, die oppositionellen Schlüsselfiguren gefangen genommen, ist die Revolution niedergeschlagen?
Eher nicht. Zumindest beschreibt die Schriftstellerin eine Gesellschaft, die nun den Preis der Freiheit kenne. Ganz besonders jener Freiheit, die man ohne Tote erzwingen will. Und dennoch nach neuen Protestmöglichkeiten sucht. Ein gedemütigtes Volk, wo sogar Pizzaboten für eine rote Tasche verhaftet werden können (die Farben der Opposition). In einem kleinen Land, wo eine rote Unterhose auf dem Balkon ausreicht, damit die Geheimpolizei die Wohnungstür aufbricht. Eine Geheimpolizei, ein ganzer Apparat, der die stalinistischen Terrormethoden noch so beherrscht, als wäre 1937 erst gestern gewesen.
Sehr klar und so wichtig auch der Bezug zu Europa, das zu vergessen scheint, welche Gefahr vom Minsker Regime in die Welt ausgeht:
"Ich denke, dass Europa nicht ganz begreift, welche große Gefahr von Belarus ausgeht. Es geht ja nicht nur darum, dass wir leiden. Die Stabilität Europas steht auf dem Spiel. Es kann einen Bürgerkrieg geben, Flüchtlingswellen. Belarus ist die letzte Bastion des Kommunismus. Und wenn der Kommunismus siegt, wird es nationalistische Bewegungen und autoritäre Regierungen stärken – in Russland, in Polen, in Ungarn."
Quelle: Sonja Zekri Bild: Joel Saget/AFP Artikel kostenpflichtig www.sueddeutsche.de
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