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Medien und Gesellschaft

Warum Spon-Kolumnist Stefan Kuzmany die Aufregung über das Spiegel-Cover zu Recht nicht versteht

Dirk Liesemer
Autor und Journalist
Zum Kurator'innen-Profil
Dirk LiesemerDienstag, 27.08.2019

Muss man jetzt schon einen Kolumnentext piqen? Einerseits nein, denn es ist ein Meinungsstück und natürlich darf jeder und jede eine Meinung haben und die kann man auch mal unkommentiert so stehen lassen, andererseits wird der Spiegel aber immer wieder routinemäßig für seine Cover kritisiert. Selten weil mal eines zu langweilig ist, fast immer weil sich jemand auf den Schlips getreten fühlt. Oder vermutlich noch entscheidender: weil jemand meint, irgendjemand könnte sich auf den Schlips getreten fühlen, was aus meiner Sicht wiederum eine Form von Paternalimus ist. Es wäre sicher falsch, grundsätzlich auf die Pressefreiheit zu verweisen und alle Kritik pauschal als ungerechtfertigt abzutun, aber ich denke, dass es zum Spiel dazu gehört, nicht nur die Kritiken, sondern auch die Repliken wahrzunehmen (auch wenn es sich in diesem Fall streng genommen nicht um eine solche handelt, denn der Autor wird bei Entscheidungen zum Titelbild nicht gefragt). Stefan Kuzmany findet jedenfalls den richtigen, lässigen Ton und notiert als entscheidenden Satz: "Wer seine Heimat kennt, der lässt sich doch nicht aus der Ruhe bringen von einem ironischen Seitenhieb." Man kann darauf natürlich antworten, dass Ironie grundsätzlich nichts auf einem Cover zu suchen hat, weil sie oft nicht verstanden wird, schon gar nicht auf den ersten Blick. Aber so wenig Intelligenz sollten wir unseren Mitmenschen dann doch lieber nicht unterstellen. So, dieser Piq ist nun auch ordentlich mit meiner eigenen Meinung angereichert, sorry dafür! Aber wir sind ja hier im Community-Bereich und demnächst geht's wieder nüchterner zur Sache, vermutlich mit einem Piq zur Titelgeschichte des aktuellen Spiegel, über die ich schon mehrmals gelesen habe, dass man sie unbedingt lesen sollte.

Warum Spon-Kolumnist Stefan Kuzmany die Aufregung über das Spiegel-Cover zu Recht nicht versteht

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Kommentare 13
  1. Marcus Ertle
    Marcus Ertle · vor mehr als 5 Jahre

    Ich wohne ja als bayerischer Wessi auch im Osten und muss ehrlich sagen: Inzwischen langweilt mich diese höchst intensive, fast schon psychotherapiehafte Beschäftigung mit allen möglichen Erscheinungsformen ostdeutscher Befindlichkeit. Ich finde, das ist journalistisch irgendwie auserzählt.

    1. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor mehr als 5 Jahre

      Hi Marcus, kann ich durchaus nachvollziehen, aber es stehen ja nun mal im Osten drei Wahlen an, die unangenehme Ergebnisse nach ziehen könnten. Und obwohl ich selbst gut zwei Jahre in Leipzig gelebt habe (und extrem überrascht über das dort praktizierte ständige Ost-West-Gerede war), verstehe ich nicht, warum uns der Osten entgleitet und was zu tun wäre (auch nicht nach der Lektüre des Spiegel-Textes). Geht Dir das anders? Besten Gruß, Dirk

    2. Marcus Ertle
      Marcus Ertle · vor mehr als 5 Jahre

      @Dirk Liesemer Hi Dirk, angesichts der Wahlen hat es schon seine Berechtigung. Was das Entgleiten angeht. Ich glaube wir realisieren nun etwas, was virulent immer vorhanden war und was es im Westen im kleineren Format auch gibt: Die gegenseitige Fremdheit und Verachtung der Milieus.

    3. Horst Schulte
      Horst Schulte · vor 5 Jahren

      @Marcus Ertle Was ist mit dem Überdruss, den viele im Osten für die Demokratie empfinden? Das ist das eigentliche Problem, die AfD vllt. nur ein Ventil.

  2. Julia Schwam
    Julia Schwam · vor mehr als 5 Jahre

    Der Spiegel wird zu Recht häufig für seine Cover kritisiert. Ich finde die immer wiederkehrenden anti-muslimischen Motive zwar schlimmer als das hier, weil sie in einem bereits gewalttätigen Klima ganz real weiter Gewalt gegen nicht weiße Menschen in Deutschland schüren, aber dieses Bild ist trotzdem auch Mist. Viele Menschen sehen ja nur das Titelbild und lesen den Artikel gar nicht. Wenn auf "ironische" Art eine bereits benachteiligte Gruppe in der Gesellschaft pauschal verurteilt wird, mögen das manche irgendwie lustig finden, allerdings sicherlich vor allen Dingen solche, die der betreffenden Gruppe selbst gar nicht angehören. Im Gegegnteil, bei Ostdeutschen (fast egal, welche politische Einstellung sie haben) bestätigt sich der Eindruck einmal mehr, dass westdeutsche Medien dem Osten gegenüber vorallem arrogant, paternalistisch und ignorant entgegentreten. Dieser Eindruck ist ja auch nicht gerade aus der Luft gegriffen. Das steigert ein Wir gegen Die Gefühl und fördert weiterhin Spaltung. In der momentanen Situation das letzte, was wir brauchen.

    1. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor mehr als 5 Jahre

      Der Ostdeutschen sind als Gruppe benachteiligt? Das glaube ich nicht mehr. Der Spiegel (wieso überhaupt "westdeutsches Medium"?) hat kürzlich eine aufschlussreiche Darstellung gebracht. Ein Ergebnis: "Vielleicht für manchen überraschend: Die Regionen mit der höchsten Armutsquote nach Kaufkraft liegen allesamt im Westen" https://www.spiegel.de...

  3. Maximilian Rosch
    Maximilian Rosch · vor mehr als 5 Jahre

    Auf Twitter las ich, dass die Leiterin des Ressorts "Titelbild" aus Meck-Pomm stamme und der Autor der Titelgeschichte aus Thüringen. Jana Hensel kommentierte dies mit "Auch das ist ein alter Hut: die Klischees stecken in uns allen drin." https://twitter.com/ja...
    Ich finde das Cover auch nicht schrecklich, aber es bringt gleich eine Ebene mit in die Debatte, die Sachlichkeit und Konstruktivität erschwert. Quasi "analoges Clickbait" meinte ein Freund, mit dem ich darüber sprach und das kann man beim Spiegel doch eigentlich besser.

    1. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor mehr als 5 Jahre

      Naja, was heißt Klischee? Der Typ, der mit dieser Mütze durch Dresden rannte, hat sie bestimmt nicht deshalb ausgewählt, weil er Klischees bedienen wollte, sondern wohl eher, weil er dachte, so etwas zieht man auf, wenn man bei Pegida mitrennt. Nun ist der Osten natürlich nicht gleich Pegida und AfD, aber so unwahrscheinlich ist es für die Rechten nun auch nicht, dass sie in ein paar Tagen in Sachsen zur stärksten Partei gewählt werden.

    2. Maximilian Rosch
      Maximilian Rosch · vor mehr als 5 Jahre · bearbeitet vor mehr als 5 Jahre

      @Dirk Liesemer Ja und nein. Der Hut ist für mich das Symbol für vieles was in der Debatte mit und vor allem über die Menschen in Ostdeutschland schief läuft. Halt typisch für ein komplexes Problem, was auf ein Hut-Klischee runtergebrochen wird, an dem aber natürlich was dran ist. Gestern habe ich ein differenziertes WDR-Interview mit Jana Hensel gehört, indem sie über Ostdeutschland, ihren Zugang zu dem Thema, den Rechtsruck und auch die AfD spricht: https://www1.wdr.de/me...
      Apropos Klischee: Das Beitragsbild ist eine Wandmalerei, die einen Trabi zeigt..

  4. Marcus von Jordan
    Marcus von Jordan · vor mehr als 5 Jahre

    "Die wenigen Stimmen, die darauf hinweisen, dass der Titel das Klischee in ironischer Stammtischsprache nur deshalb aufnimmt, um es, worauf bereits die Unterzeile hinweist, im Inneren zu dekonstruieren und zu widerlegen, verhallen praktisch ungehört."

    Ist ja wirklich so und insofern hat er ja Recht der Herr Kuzmany. Andererseits heben eben der Hut und die Worte "warum er anders wählt" so eindeutig auf neorechts ab und das ist eben das EINE Klischee und nicht zu vergleichen mit der Summe alberner Klischees zum Beispiel über Bayern, mit denen ich auch von sonst sehr vernünftigen Menschen zeitlebens genervt werde.

    Also nix zum Aufregen, aber auch nix worauf man stolz sein müsste beim Spiegel.

  5. Kerstin A.
    Kerstin A. · vor mehr als 5 Jahre

    ... ach ja, von "uns" Ostdeutschen wird ja seit 30 Jahren verlangt/erwartet, dass "wir" souverän über alles stehen und damit alles über "uns" ergehen lassen, was aus dem "Westen" kommt bzw. was sich der "Westen" für "uns" ausgedacht hat .... und sei es nur das übliche Märchen darüber, dass der Osten AfD wählt ... wobei doch die amtlichen Zahlen der letzten Bundestagswahl und der letzten EU-Wahl beweisen, dass auf eine Ost-Stimme für die AfD zwei West-Stimmen für die AfD kommen. Und die AfD-Hochburgen in NRW, Baden-Württemberg und Bayern liegen. Aber darüber wird eben nicht berichtet oder diskutiert. Ein Schelm, wer dabei Arges denkt ....

    1. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor mehr als 5 Jahre

      Deswegen ist auch schon in der Unterzeile des Covers von "Klischee und Wirklichkeit" die Rede.

    2. Leopold Ploner
      Leopold Ploner · vor 5 Jahren

      Ahem, ich könnte mich nicht erinnern, dass die AfD in ihren „Hochburgen“ NRW, BaWü oder Bayern 27% erreicht hat.

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