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Zeit und Geschichte

"Militante Demokratie": Eine liberale Antwort auf den Extremismus

Dirk Liesemer
Autor und Journalist
Zum Kurator'innen-Profil
Dirk LiesemerMontag, 27.02.2023

Das Schlagwort der "militanten Demokratie" klingt widersinnig: Kann es so etwas überhaupt geben? Militant, aber demokratisch? Es geht in diesem piq jedoch nicht ums Hier und Heute, sondern um die Weimarer Republik, die bekanntermaßen zwischen den politischen Extremen aufgerieben wurde.

Damals gab es jedoch nicht nur Extremisten, sondern auch starke demokratische Kräfte: zum einen die Sozialdemokraten, zum anderen liberale Köpfe, die im Rückblick immer schnell übersehen werden. An zwei heute kaum noch bekannte Denker erinnert dieses knapp halbstündige Radiostück: nämlich an den Nationalökonomen Moritz Julius Bonn und an den Juristen Karl Loewenstein.

Beide erkannten früh die Gefahren für die Demokratie. Historiker Jens Hacke sieht den kosmopolitischen Moritz Julius Bonn gar als einen der ersten Totalitarismus-Theoretiker. Loewenstein (ein enger Freund von Thomas Mann) schuf dann ab 1927 das Konzept der "militanten Demokratie", das bald – jedoch zu spät – liberales Gemeingut werden sollte.

Statt von militanter Demokratie – einem ursprünglich englischen Begriff – ist im Deutschen öfter von wehrhafter oder streitbarer Demokratie die Rede.

Wie sich die beiden liberalen Denker eine starke Demokratie genau vorstellten, darum geht es in diesem Gespräch – denn ein Problem war ihnen schon vor der Machtübertragung an Hitler klar: Demokratien sind per se zerbrechlich und ihre Feinde werden nie verschwinden, sondern ständig neue demokratiefeindliche Ideologien aushecken.

Historiker Hacke spricht von demokratischer Sisyphusarbeit und sagt, was mich aufhorchen ließ: Wichtiger, als sich ständig mit den Feinden auseinanderzusetzen (sprich: mit Rechten reden), ist die Pflege der Institutionen und eine demokratische Kultur. Und das dürfte – aufs Heute übertragen – eben auch heißen, dass man einen völlig missratenen Wahlgang nicht einfach schulterzuckend schönredet, weil einem das Ergebnis passt.

Vielleicht ist es etwas weit gedreht und man darf mir da gerne widersprechen, aber ich sehe Niklas Luhmann mit seiner Theorie "Legitimation durch Verfahren" in der liberalen Tradition, die mit den Theoretikern der wehrhaften Demokratie begonnen hat.

"Militante Demokratie": Eine liberale Antwort auf den Extremismus

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