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Zeit und Geschichte

Marcus Willaschek über den Selbstdenker und munteren Plauderer Kant

Dirk Liesemer
Autor und Journalist
Zum Kurator'innen-Profil
Dirk LiesemerMittwoch, 24.04.2024

Immanuel Kant wurde vor 300 Jahren geboren, am 22. April 1724 in Königsberg, einer damals preußischen Stadt, die er nie verlassen musste, um trotzdem weltberühmt zu werden. 

Dieser Tage erscheinen Unmengen an Beiträgen über den Aufklärer. Ich habe mich hier für dieses einstündige Interview entschieden, das FAZ-Herausgeber Jürgen Kaube mit dem Philosphieprofessor Marcus Willaschek geführt hat. Dabei geht es um seine drei reinen Kritiken, aber auch um lockere Tischgesellschaften.

Zum einen ordnet das Gespräch gut verständlich und unterhaltsam das Werk ein. Zum anderen wurde Willascheks Buch "Kant. Die Revolution des Denkens" gestern für den Deutschen Sachbuchpreis nominiert, was man dort wie folgt begründet:

Die besondere Leistung des Buches liegt aber darin, die Aktualität Kants zu demonstrieren, indem es fortwährend an aktuelle Debatten und Begriffe anschließt: Freiheit, Demokratie und Menschenwürde, die Motivation zu politischem Handeln im Angesicht dramatischer Krisen, die Wichtigkeit des Projekts der Aufklärung und die Grenzen unseres Wissens – ohne eine kritische Distanz zu Kant zu verlieren.

Üblicherweise wird Kant als strenger, manchmal auch rigoroser, immer an Prinzipien orientierter Denker wahrgenommen. Kant war an diesem Bild nicht ganz unschuldig, nicht nur aufgrund seines Werkes, sondern auch, weil er sich – für jeden Königsberger gut sichtbar – beim Spazierengehen an präzise Uhrzeiten hielt.

Dass er es offenbar mit seiner eigenen Philosophie selbst nicht immer ganz genau nahm, zeigt sich laut Willaschek ausgerechnet an seiner berühmtesten Formulierung, dem kategorischen Imperativ: "Kant war nicht in jeder Hinsicht der beste Interpret seines eigenen kategorischen Imperativs." 

Im Falle einer Lüge etwa – die Kant grundsätzlich ablehnt – sei nicht nur die moralische Wirklichkeit komplexer als Kant meine, vielmehr stelle uns auch seine Theorie die entscheidenden Mittel zur Verfügung, um die Komplexität zu erkennen und zu diskutieren. Alles andere sei auch paradox für einen Philosophen, der zum Selbstdenken aufruft. 

Kant selbst vertraute auf Verstand und Vernunft und meinte, man könne durch bloßes Nachdenken eine Menge über die Welt und ihre Strukturen erfahren, nicht jedoch – was oft genug von der Kirche behauptet worden war – über die Dinge an sich, also Gott, Freiheit, Seele und so fort. Aber bevor es nun tief in die "Kritik der reinen Vernunft" geht, ende ich hier und jetzt und empfehle lieber dieses Gespräch.

Marcus Willaschek über den Selbstdenker und munteren Plauderer Kant

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