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Volk und Wirtschaft

Mit Zuversicht das System "hacken", um politischen Druck auszuüben, empfiehlt Harald Welzer

Anja C. Wagner
Bildungsquerulantin
Zum Kurator'innen-Profil
Anja C. WagnerMittwoch, 26.06.2019

Sehr interessanter Talk zwischen dem „naiven“ Tilo Jung und dem stets braungebrannten Lacoste-Träger Harald Welzer über Klimawandel, Kapitalismus, Reichtumsverteilung etc. - und wie wir diesen Fehlentwicklungen begegnen können.

Dabei prallen naive Tagespolitik auf strukturelle Überlegungen, die das Ausmaß unserer gegenwärtigen Zeitenwende andeuten. Es bräuchte nämlich eine grundlegende Revolution, wollte man wirklich etwas verändern. Dazu müsste man aber selbst aufstehen, sich widersetzen, zivilen Ungehorsam an den Tag legen und nicht nur zustimmend der Jugend zunicken.

Unsere Lebensgrundlagen, nein: unser Lebensstil, sind das zentrale Problem; unser jährlich gesteigerter Konsum und eine Politik, die sich weigert, politisch zu handeln, stattdessen die Lösungen in die Privatsphäre zieht. Dazu „infantilisierend“ nicht über Wahrheiten spricht, eben dass unser Lebensmodell die Zivilisation womöglich auslöschen wird, dass nicht Arbeit der zentrale Lebenszweck ist usw. usf.

Zum Glück wird sich das Problem der Altparteien durch das Ableben ihrer Wählerschichten in nächster Zeit erübrigen. Zurück bleiben jüngere Generationen, die sich aber gut eingerichtet haben in dem neoliberalen Lebensmodell, mit Fernflügen und sicheren Pöstchen. 

Nun haben wir ja nicht mehr viel Zeit, das Ruder rumzureißen, also wie gelänge es, fragt Tilo Jung. Ich fasse das kurz zusammen, empfehle aber die gesamte Ansicht des Videos.

  • 1. Utopien statt Dystopien entwickeln. 
  • 2. Best Practice-Hacks entwickeln (z.B. autofreie Kieze, Städte, Regionen). 
  • 3. Politisch handeln und sich nicht in Symbolpolitik verlieren. 
  • 4. Sich selbst reflektieren, ob man jetzt eher auf der persönlichen oder der politischen Ebene agiert. 
  • 5. Mit der Schüler*innen-Generation solidarisieren und eine zivilgesellschaftliche Bewegung aufbauen, um Druck auf staatliche Instanzen auszuüben.

Wirklich sehens- bzw. hörenswert aus meiner Sicht!

Mit Zuversicht das System "hacken", um politischen Druck auszuüben, empfiehlt Harald Welzer

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Kommentare 5
  1. Hansi Trab
    Hansi Trab · vor mehr als 5 Jahre

    Schöner Piq und trotz aller Utopien eben auch ein sehr realistischer Blick auf die politische Gemengelage, was die Umsetzbarkeit der notwendigen Schritte anbelangt.

    Mit dem für mich persönlichen Bonmot des Tages bezüglich der umweltpolitischen Fertigkeiten der Linkspartei und der SPD: "... die Linken haben ja kein Sensorium für diese Fragestellung" - T.J. "Warum nicht?" - H.W. "Ja das liegt an der Tradition, also da sind sie im Grunde genommen, ähnlich wie die Sozialdemokraten, die in ökologischer Hinsicht eben auch sozusagen ein "Blank" haben, eine Leerstelle..."

    So schön knapp und pointiert hat, glaube ich, noch niemand auf diese historisch-ideologisch bedingte Zugangssperre hingewiesen.

  2. Silke Jäger
    Silke Jäger · vor mehr als 5 Jahre

    Danke für diesen piq. Sehr inspirierend. Wichtige Erkenntnisse. Aber Herr Welzer kommt mir streckenweise ein bisschen zu selbstgerecht rüber. Trotzdem ändert das nichts dran, dass der Inhalt passt.

    1. Veit Nottebaum
      Veit Nottebaum · vor mehr als 5 Jahre

      Ich finde auch, Herr Welzer überzeugt inhaltlich meistens. Aber die Art und Weise ist, vor allem in der Mitte, arg von oben herab.
      Ich war froh, dass zum Ende hin (Thema "autofrei" und "Mobilität auf dem Land") noch mal sehr das 'out-of-the-box'-denken gefordert wird!
      Insgesamt schon empfehlenswert, obwohl ich - wie wohl auch Tilo - auch mal mit den Augen rollte...

  3. Frederik Fischer
    Frederik Fischer · vor mehr als 5 Jahre

    Für Utopien empfieht sich immer auch Jan Gehl. Hab gerade heute wieder ein sehr schönes Interview mit ihm gelesen, in dem er beschreibt, wie sich Kopenhagen durch menschengerechte Stadtplanung in das kleine Paradies verwandelt, das es heute ist.
    https://www.brandeins....

    1. Anja C. Wagner
      Anja C. Wagner · vor mehr als 5 Jahre

      Ja, Kopenhagen wird auch in dem Interview als positive Referenz genannt. Es braucht halt mehr Vorreiter. Ich weiss, dass die Berliner Innenstadt als autofreie sehr intensiv diskutiert wird im Senat. Aber da gibt es eine Partei, die mit C beginnt, die den Weltuntergang prognostiziert, sollten Stadt-Bürger*innen gezwungen sein, nicht mehr frei mit ihrem Auto durch die Stadt fahren zu können, erklärte mir letztes Jahr ein grüner Stadtabgeordneter. Warum sich die Regierungskoalition dagegen nicht durchsetzen kann, muss ich nochmal nach recherchieren ...

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