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Technologie und Gesellschaft

Welche Werte braucht KI?

Sven PrangeMontag, 02.03.2020

Die Obdachlosen-Behörde von Los Angeles hat ein ziemlich vielversprechendes Projekt gestartet: Zusammen mit Forschern der University of California haben die Sozialarbeiter*innen Daten über Menschen ausgewertet, die auf der Straße gelandet sind. Das ist in Kalifornien im Speziellen, aber auch im industriellen Westen im Generellen, ein leider wachsendes Phänomen. Seit Jahren steigen die Zahlen. Die Behörde wollte nun wissen, ob es Muster gibt, die zwingend in die Obdachlosigkeit führen. Und tatsächlich: Mietschulden, eine gewisse Art des Jobverlustes, Todesfälle in der Familie oder bestimmte Krankheiten begünstigen scheinbar die Obdachlos-Werdung von Menschen. Die Idee, die die Beamt*innen nun hatten: Wenn man Verdachtsfälle von einer Software rechtzeitig auf solche Muster untersuchen lässt, reduzieren sich dann die Neuzahlen von Obdachlosigkeit? Ihr Mittel: Software, die mit Hilfe autonomer Entscheidungsfähigkeit bestimmte Muster erkennt und die Behörde warnt.

An sich eine gute Sache. Nur: Verstößt sie nicht gegen die Privatsphäre-Rechte ziemlich vieler Menschen, nämlich mindestens jener, die zwar in das Visier der Software fallen, aber keine Notfälle sind? Und damit wären wir mittendrin in einer der kniffligsten Fragen, die das Aufkommen autonomer Software, vereinfachend Roboter genannt, uns stellt: Überwiegen die möglichen Vorteile für einige wenige Profiteure der Software die Nachteile für viele? In unendlich vielen Themenfeldern stellen sich ähnliche Frage. Die werden nicht leichter dadurch beantwortet, dass neben viel Ungewissheit über das Chancen-Risiken-Verhältnis autonomer Software, vor allem auch viel Unwissen über den Stand der Technologie herrscht.

Bei beiden Punkten setzt dieser Film an und versucht, zugegebener Maßen nicht als erster Beitrag, dieses Mega-Thema unseres künftigen Zusammenlebens noch einmal aufzunehmen und in den Mittelpunkt zu rücken. Und doch: Auch wenn es nicht der erste Versuch ist, ist er doch um so dringender. Schließlich ist es auch schon wieder zwei Jahre her, als Katharina Zweig, Konrad Lischka und Sarah Fischer in einem Essay festhielten:

"Wenn maschinelles Entscheiden mit derart weitreichenden Folgen ohne gesellschaftliche Debatte, ohne unabhängige Qualitätsprüfung ex ante und ex post eingesetzt wird, verlieren die Bewerteten das Vertrauen in das Entscheidungssystem."

Seitdem hat es diese gesellschaftliche Debatte leider nicht gegeben. Auch wenn sich viele Zirkel und Kreis daran mühten, sogar ganze Manifeste schrieben, in denen etwa gefordert wurde:

Dazu brauchen wir ein Recht auf digitale Teilhabe, müssen die humanistisch-universalistischen Werte der europäischen Aufklärung zugrunde legen für eine Technologie, die informationelle Selbstbestimmung mit der Möglichkeit der Anwendung anonymisierter Daten zur Weiterentwicklung von KI-Anwendungen verbindet.

Insofern ist jeder Film, der das Thema erneut aufnimmt, ein guter Film. Und wenn er dies dann auch noch wie der vorliegende eingängig erzählt, ein sehr guter.

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