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Technologie und Gesellschaft

Undercover in einer polnischen Trollfarm

Rainer Sigl
Journalist Print/Online/Radio, Blogger; Textarbeiter
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Rainer SiglDonnerstag, 31.10.2019

Wer im Netz in sozialen Medien oder Kommentarforen unterwegs ist, bekommt wohl öfter das Gefühl, dass hinter den Kulissen etwas nicht stimmt. Trolle, also Internetnutzer, die laut und nachdrücklich provokante Meinungen vertreten und sich an den aufgeregten Reaktionen und der Kontroverse erfreuen, sind kein neues Phänomen. Schon 2014 hat Timo Steppat für die FAZ mit "Hass im Netz: Ich bin der Troll" ein Psychogramm eines solchen Menschen veröffentlicht. 

Seit damals hat sich der Ton im Netz eher noch verschärft und tiefe Gräben tun sich im Diskurs, aber auch den Gesellschaften auf. Mittendrin: Dutzende, hunderte Online-Provokateure, die Öl ins Feuer kippen, provozieren, polemisieren und kampagnisieren. Spätestens seit den großangelegten russischen Desinformationskampagnen zugunsten Trumps im US-Wahlkampf 2016 und im Zuge des Brexit-Referendums weiß man, dass gezielte Meinungsmache durch bezahlte Poster und Trolle Realität ist. 

Nun wirft eine Reportage Licht ins Halbdunkel dieser Welt: Einer polnischen Journalistin ist es gelungen, undercover in einer Trollfarm zu arbeiten. 

Sechs Monate lang recherchierte Katarzyna Pruszkiewicz verdeckt in einer Troll-Farm in Warschau. Gemeinsam mit anderen Trollen hat sie in dieser Zeit fast 200 Profile bei Facebook, Twitter und Instagram bedient, hat tausende Nachrichten und Kommentare geschrieben, hat provoziert und für ihre Kund*innen geworben.
Pruszkiewicz hat als Troll für das Propaganda-Fernsehen der rechten polnischen PiS-Regierung gearbeitet und hat einen linken Politiker bei einem Wahlsieg unterstützt. Sie hat gegen LGBTs gehetzt, Lehrer*innen beschimpft und Zeitungen bezichtigt, Verschwörungstheorien zu verbreiten. Nie hat sie ihren Leser*innen verraten, dass sie dafür bezahlt wurde. All das hat Pruszkiewicz für eine Recherche des Recherche-Kollektivs Investigative Europe und des Recherche-Büros Fundacja Reporterów getan.


Ein Long Read, aber die Zeit wert - weil er die Augen öffnet, wie im Netz manipuliert und systematisch Diskurs gelenkt wird.

Undercover in einer polnischen Trollfarm

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Kommentare 1
  1. Silke Jäger
    Silke Jäger · vor 5 Jahren

    Was ich sehr spannend finde, ist das gezielte Targeting von Politikern und Entscheidungsträgern. Viel wird über den Einfluss von Lobbyisten geredet, aber sehr wenig über den Einfluss von nichtunternehmerischen Interessensgruppen und welche Rolle solche Farmen dabei spielen.

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