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Politik und Pop: Helfen Hits im Wahlkampf?

christina mohr
Freie Autorin

Geboren in Frankfurt, heute wieder dort lebend und arbeitend - hauptberuflich für einen Sachbuch- und Wissenschaftsverlag, daneben als freie Autorin für Magazine wie Spex, Missy Magazine, Konkret, Die Anschläge, kaput-magazine.com, melodiva.de, culturmag.de.

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christina mohrDonnerstag, 05.11.2020

Begeben sich Politiker:innen in popkulturelle Gefilde, führt das beim Wahlvolk häufig zu Fremdscham. Man erinnere beispielsweise Ex-Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg als Party-DJ für die Junge Union, oder - noch peinlicher - unseren (noch) amtierenden Verkehrsminister Andreas Scheuer beim Eröffnen einer Diskothek. Vergleichsweise kredibel agiert Grünen-Urgestein Jürgen Trittin als DJ Dosenpfand, der von den Journalisten Jens Balzer und Tobi Müller sogar als Gast in ihre Bühnentalkshow "Popsalon" eingeladen wurde.

Gern umgeben sich Politiker:innen mit vermeintlich coolen Musiker:innen, wenn es im Grunde ganz konkret um Stimmenfang geht, und manchmal ergeben sich krude Zusammenkünfte, wie damals, als Udo Lindenberg ganz jovial mit Gerhard Schröder und Wladimir Putin plauderte.

Nochmal ein ganz anderes Thema ist die musikalische Untermalung von Wahlkampfauftritten in den USA: in den letzten Wochen ließen sich die erstaunlichsten Beobachtungen machen. So verließ sich Joe Biden vorwiegend auf die klangliche Unterstützung schwarzer Künstler:innen wie Bill Withers oder The Staple Singers, während Donald Trump Faust und Hüften zu "YMCA" schwang.

NME-Autor Mark Beaumont hat einen so witzigen wie tiefgründigen Text über die oftmals erratische Musikauswahl früherer und aktueller Präsidentschaftskandidaten veröffentlicht, der eine:n angesichts des einer Demokratie unwürdigen und noch nicht beendeten derzeitigen Wahldesasters immerhin Lachtränen in die Augen treibt:

Joe Biden, a man whose youth was likely spent jiving along at the heppest Scott Joplin gigs of the 1880s and who’s probably still trying to work out how to play his new-fangled wax cylinder of ‘The Battle Hymn Of The Republic’, has chosen songs designed to reflect his dependability, inclusiveness and stout all-American virtues.

Die Auswahl des Trump-Teams hält er für äußerst fragwürdig:

Donald Trump, on the other hand, seems to have been using his rally songs to surreptitiously tell American voter that he’s a miserable, insane gay Satanist. I mean, which potential President in the middle of a devastating pandemic tries to re-ignite the passion in his dwindling support base with REM’s ‘Everybody Hurts’? What’s he trying to tell us by pumping out Gnarls Barkley’s ‘Crazy’ (“I remember when I lost my mind… Maybe I’m crazy”)?

So lustig Beaumonts Artikel auch ist, offenbart er doch, dass sich Politiker:innen vor allem des äußeren Scheins wegen mit Popmusik schmücken. Offensichtliche Inhalte oder von Künstler:innen intendierte Bezüge interessieren sie nicht oder kaum. Und zumindest auf Donald Trump trifft Mark Beaumonts Fazit zu:

And, crucially, it proves that, when you cut through the bluster and bravado and get down to the details, he just doesn’t listen.

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