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Pop und Kultur

Nick Caves ‚Idiot Prayer‘

Tino Hanekamp
Autor

Tino Hanekamp war Journalist und Musikjournalist, hat in Hamburg zwei Musikclubs gegründet (Weltbühne, Uebel & Gefährlich), einen Roman geschrieben (‚So was von da‘) und unlängst ein Buch über Nick Cave ('... über Nick Cave'). Er lebt im Süden Mexikos.

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Tino HanekampSonntag, 29.11.2020

Eigentlich wäre Nick Cave mit seinen Bad Seeds in diesem Jahr mit dem neuen Album ‚Ghosteen‘ im Gepäck durch die halbe Welt getourt — man munkelt von spektakulären Shows, die da geplant waren, mit Gospelchor und haste-nicht-gesehen —, aber daraus wurde natürlich nichts. Stattdessen setzte sich Cave im Juni in einem gewaltigen leeren Raum im Westflügel des 1873 erbauten Londoner Alexandra Palace an einen schwarzen Flügel, spielte 21 Songs, ließ sich dabei von Robbie Ryan ('The Favourite‘, ‚Marriage Stroy‘) filmen (in einem Take!) und versendete das Ganze ein paar Wochen später weltweit als kostenpflichtigen, exklusiven Live-Stream — eines der ersten Corona-Konzerte, wenn man so will, Monate bevor Billie Eilish und Dua Lipa mit ihren Online-Shows für Furore sorgten.

Nun erschien der Mitschnitt als Album — ein Gedicht und diese 21 zuweilen radikal umarrangierten Songs aus Caves gewaltigem Œuvre, inklusive einem neuen Stück. Cave bezeichnete den Auftritt als "a prayer into the void“ und "a souvenir from a strange and precarious moment in history“, für das Magazin Uncut war es „the performance of a lifetime“, und auch sonst hagelt es Höchstnoten, wie immer seit sieben Jahren (also dem Album 'Push the Sky Away'), wenn Cave in seinem geradezu unheimlichen Schaffensdrang mal wieder was raushaut. ‚Idiot Prayer‘ ist der Meister allein am Klavier, eine Art Cave-Best-Of in Zeiten der Vereinzelung, und einmal lacht er kurz, weil er sich verspielt hat.

Lustig auch: Anfang August hat Cave (über den in Kopenhagen derzeit eine — man muss es so sagen — gewaltige Ausstellung läuft) zudem ohne große Ankündigung einen Online-Shop namens Cave Things lanciert, voller Dinge "conceived, sourced, shaped and designed by Nick Cave“, also Drucke, T-Shirts, Tapeten (mit pornographischen Zeichnungen), Polaroids, kleine Anhänger und anderer Firlefanz. Hat man so in dieser Art auch noch von keinem anderen Künstler gesehen, aber Cave ist eben längst eine Liga für sich. In seinen Red Hand Files beantwortet er immer noch Fan-Fragen, der BadSeeds-TV-Kanal läuft auch noch, und wer weiß, womit der Mann als nächstes um die Ecke biegt.

Man merkt, ich bin Bewunderer, dieser Piq sollte auch viel kürzer werden, egal. Caves ‚Idiot Prayer‘ sei jedenfalls jedem ans Herz gelegt, der dem größten Songwriter unserer Zeit (Sagen auch andere, nicht nur ich!) zuhören will, wie er allein am Flügel auf der Höhe seiner Kunst über die großen Themen des Lebens singt — auch als Einstieg sehr zu empfehlen. Ende.

Nick Caves ‚Idiot Prayer‘

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Kommentare 2
  1. Maximilian Rosch
    Maximilian Rosch · vor 4 Jahren

    Love it, danke! Und höre es mir jetzt nur an, weil der piq nicht kürzer geworden ist :)

    1. Tino Hanekamp
      Tino Hanekamp · vor 4 Jahren

      Ha, danke, Mission erfüllt!

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