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Pop und Kultur

"I can't get no sleep": Eine kleine Geschichte moderner Nachtmusik

Fabian Peltsch
Musikjournalist

Fabian Peltsch interessiert sich für globale Popkultur-Perspektiven jenseits von World-Music-Klischees. Er ist Redakteur bei Table.Media in der China-Redaktion und schreibt daneben regelmäßig für Rolling Stone, Musikexpress, Mint, Fluter und die Welt.

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Fabian PeltschSonntag, 29.08.2021

Weil er pandemiebedingt nicht schlafen konnte, wanderte der Neo-Klassik-Komponist Craig Armstrong zu nächtlicher Stunde ziellos durch die Straßen seiner Heimatstadt Glasgow. Im Morgengrauen fand er sich oft im Studio wieder, um die Eindrücke seiner Nachtspaziergänge in Musik fließen zu lassen. Das daraus hervorgegangene Album "Nocturnes: Music for Two Pianos" ist sein Versuch, dem "Albtraum der Schlaflosigkeit" etwas Gutes abzugewinnen, aber auch eine Hommage an all die Komponisten vor ihm, die Nokturne und andere Nachtmusik geschrieben haben. Oder wie die Journalistin Arwa Haider in ihrer kleinen Geschichte der Nachtmusik auf BBC schreibt:

Night music always seemed to sharpen the senses – not just on the dancefloor, but beyond it: sound-tracking these nebulous hours, where one date bleeds into the next.

Auch in der Pop-Musik hat die durchwachte Nacht seit je her ihren Platz. Viele Musiker versuchten, die mal stille und mal beunruhigende Atmosphäre einzufangen, man denke etwa an Faithless und ihren Hit "Insomnia" mit dem repetitiven "I can't get no Sleep". Anfang des Jahres veröffentlichte der Londoner Songwriter Jacob Allen alias Puma Blue ein Album namens "In Praise of Shadows", auf dem er auch seine jahrelange Schlaflosigkeit aufarbeitet. Pitchfork schreibt:

At a time where many encumber sleepless nights and intense self-reflection, Puma Blue’s debut may well provide a brief moment of relief for those lost in the darkness.

Ähnliches hatte die Komponistin Anna Meredith 2011 in ihrem wunderbaren Konzeptwerk "Four Tributes To 4am" versucht. Die Inspiration kam ihr, nachdem sie gelesen hatte, dass sich laut Statistik am meisten Menschen um 4 Uhr nachts das Leben nehmen.  

Die größte Huldigung an die Nacht-und Schlafmusik stammt aber wohl von Max Richter, der 2015 ein acht Stunden langes Schlaf-Album veröffentlicht und auch live aufgeführt hat. Die Zuhörer sollen "Sleep" am Stück hören und dabei bestenfalls tief wegdämmern – bei Konzerten in bereitgestellten Feldbetten. Inspiriert war das mittlerweile auch als App verfügbare und an neurowissenschaftlichen Studien geschulte Album unter anderem von Johann Sebastian Bachs "Goldberg Variationen", die 1741 von einem an Schlaflosigkeit leidenden Diplomaten in Auftrag gegeben worden waren. Für Richter ist "Sleep" aber nicht nur ein ambitioniertes Schlaflied, sondern auch ein gesellschaftspolitisches Statement:

I was getting really exhausted by the increasing virtualisation of our lives; we're on the screen all the time, which means we have to be 'on' all the time. I wanted to make a piece that could function as an antidote to that and reclaim some basic human things from the technological mode of existence. I've always felt like sleep is the great reservoir, where we can connect to something that's bigger than us – so I wanted to encourage that, and also make a political piece that's about stepping off the treadmill.
"I can't get no sleep": Eine kleine Geschichte moderner Nachtmusik

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Kommentare 4
  1. Silvio Andrae
    Silvio Andrae · vor 3 Jahren

    Es scheint besonders zu sein, aber früher sind die Menschen mitten in der Nacht aufgewacht, um zu lesen, zu beten und zu schreiben, um Träume zu lösen und vielleicht auch Gespräche mit schlafenden Partnern zu führen.

    1. Fabian Peltsch
      Fabian Peltsch · vor 3 Jahren

      Ja? Das ist sehr spannend! Ich erinnere mich an einen Satz, ich glaube es war in einem Buch von Tiziano Terzani, der nahelegte, Schlaflosigkeit habe vielleicht einen spirituellen Zweck, um zu mehr Selbsterkenntnis zu erlangen. Oder wie Ferdinad Eber schrieb: „Man muss schlaflose Nächte haben, um etwas von dem Geheimnis der großen Stille um Mitternacht zu wissen.“

    2. Silvio Andrae
      Silvio Andrae · vor 3 Jahren

      @Fabian Peltsch Sehr schön. Wenn wir uns die Zeit nehmen können, nachts aufzuwachen und mit unserem Gehirn zu grübeln, können wir vielleicht auch wieder an die Kreativität und Fantasie unserer Vorfahren anknüpfen. Heimarbeit, Freiberuflichkeit, Gleitzeit, digitales Nomadentum sowie Online- oder Remote-Arbeit machen es vielleicht möglich.

  2. Yvonne Franke
    Yvonne Franke · vor 3 Jahren

    Ach, das hätte ja heute früh wunderbar in meinen Newsletter gepasst. :-) Ich merke es mir für die nächste Woche.

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