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Pop und Kultur

Die Werbung braucht Deutschrap. Aber braucht Deutschrap die Werbung?

Martin Böttcher
Journalist, Sammler
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Martin BöttcherMittwoch, 08.07.2020

Die Medienpsychologin Sabine Trepte hat für Meedia einen Artikel geschrieben, in dem sie der Werbe- und der Medienbranche empfiehlt, die Augen zu öffnen und Deutschrap für ihre Zwecke zu benutzen. Was ich ganz interessant finde: In ihrem Artikel geht es weniger um Aspekte, die die Fans oder die Musikjournalist*innen an Deutschrap interessieren könnten, sondern um die Frage, was genau am Deutschrap zu Werbezwecken ausgenutzt werden kann. Sabine Trepte wünscht sich, dass Rapper*innen in der Werbung direkt mit ihrer Musik eingesetzt werden:

In punkto Deutschrap sind Musik und Produktwelt nun sehr vereint, aber geworben wird nicht klassisch, sondern die Rapper sind das Sprachrohr der Produkte und Marken. In klassischer Werbung dürfen sie höchstens als Testimonials oder relativ produkt-konform in Erscheinung treten. Aufrichtig und authentisch gerappt wird nicht in der Werbung. Warum eigentlich nicht? Kann Werbung Musik machen?

Wer sich etwas näher mit Deutschrap beschäftigt – oder insgesamt mit Hip-Hop – dem dürfte aufgefallen sein, wie krass in manchen Tracks mittlerweile Markennamen aufgezählt werden und dass das manchmal schon die alleinige Message ist. Automarken, Uhrenmarken, Modemarken, Sneakermarken im inflationären Gebrauch, das ist meilenweit von Run-DMCs "My Adidas" entfernt (was kein Wunder ist, der Song ist schließlich schon 35 Jahre alt).

Jetzt könnte man natürlich sagen: Ok, im Rap herrschen also Konsumterror und Markenfetischismus, wo soll das Problem sein, wenn die Werbebranche da offensiv rangeht und offensichtlich offene Türen einrennt? Aber irgendwie macht es mich immer traurig, wenn eine Jugendkultur auf ihre Vermarktbarkeit abgeklopft und dann vermutlich auseinandergerupft wird. Denn während vielleicht ein paar Musiker*innen von Werbeverträgen profitieren könnten, haben solche Werbeorgien für die jeweiligen Szenen nie etwas Gutes gebracht. Aufhalten lassen sich solche Entwicklungen allerdings so gut wie nie.

Auch nicht ganz uninteressant in diesem Zusammenhang ist die Diskussion, die gerade über "Realness" im Deutschrap geführt wird. Lukas Breit hat für rap.de ein langes Stück geschrieben, in dem der Markenfetischismus näher beleuchtet wird. Authentizität, behauptete und wahre Persönlichkeit, gefälschte und echte Uhren und Markenklamotten sind Teil eines komplizierten Konstrukts, bei dem die Fans am Ende entscheiden müssen, ob sie sich betrogen fühlen oder nicht:

Wenn ein Rapper offen damit umgeht, dass er eine Kunstfigur darstellt, wird es ihm nicht zum Verhängnis werden, denn er kann schlichtweg nicht als „fake“ entlarvt werden. Ein Beispiel für dieses entwaffnend offene Visier ist auch LGoony, der zwar gerne von teuren Luxusgegenständen rappt, aber gar nicht den Verdacht aufkommen lässt, dass er diese wirklich besitzen würde.

Die Werbung braucht Deutschrap. Aber braucht Deutschrap die Werbung?

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