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Medien und Gesellschaft

Wie Palästinenser aus Ost-Jerusalem vertrieben werden

Malcolm Ohanwe
Journalist (Hörfunk, Fernsehen & Online)
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Malcolm OhanweSonntag, 23.05.2021

Manche Leute wollen behaupten, die Eskalationen in Nahost seien willkürlicher Natur oder beliebig gewesen. Das ist natürlich kompletter Unsinn, wenn man sich auch nur oberflächlich mit dem Konflikt von Israel und Palästina auseinandersetzt. Laut Human Rights Watch begeht die israelische Regierung das Verbrechen gegen die Menschlichkeit der Apartheid, und die Menschenrechts-Organisation Amnesty International sieht die Wurzel und die Hauptursache im sogenannten Nahost-Konflikt in der systemischen Unterdrückung der Palästinenser*innen, in der illegalen Besatzung und im Landraub. Amnesty macht auch deutlich, dass palästinensische Sicherheits-Organe selbst die eigenen Leute unterdrückt und gefoltert haben. Die amtierende Vize-Bürgermeisterin Jerusalems lehnt diese Klassifizierung vehement ab, sie sagt, es gibt Rassismus, aber den gibt es in jedem Land, doch "Apartheid" zu sagen, sei absolut lächerlich. Ich finde den Begriff auch sehr, sehr harsch. 

Um nachhaltig etwas in Israel-Palästina zu verändern, muss das Problem egal, wie man die Situation einordnet oder benennt, dennoch bei den Wurzeln angepackt werden: Die systemische, rassistische und demütigende Behandlung palästinensischer Zivilist:innen. Vice macht dies deutlich in dieser Reportage über die Enteignungen palästinensischen Landes durch israelische Gerichte. Wir sehen, wie hier ein jüdischer Amerikaner nach Jerusalem einwanderte, um das arabische, palästinensische christlich-muslimische Ost-Jerusalem weiter zu "judaisieren", wie einige jüdische Befragte es selbst beschreiben. Was hier abgeht, sieht für uns unfair aus, ist aber laut israelischem Gesetz vollkommen legal. Laut dem dortigen Gesetz ist der rechtmäßige Besitzer ein Jude. Er darf machen was er will mit dem Grundstück, und er will keine Nicht-Juden.

Das Land hat in den 50ern mal jüdischen Bewohnern gehört und wurde dann von Jordanien übernommen und Juden mussten fliehen, deswegen gibt es diesen Konflikt um das Land. Die Schieflage: Das israelische Gericht gesteht arabischen Menschen, die durch Juden vor über 70 Jahren vertrieben wurden nicht zu, ihr Land "zurückzubekommen". Das ist das Ungleichgewicht. 

Wir hören, wie zum Beispiel bereits 2009 ein Palästinenser aus seiner Heimat geschmissen wurde, in seinem Pyjama, und ihm wurde vom Staat nichts geboten. Keine andere Wohnung, keine Übergangs-Bleibe. Die arabische Familie Ost-Jerusalems von Abu Ayman Al Ghawi lebte seinen Aussagen nach 7 Monate auf der Straße. Dokumentiert wurde der Fall durch die israelische Menschenrechts-Organisation B'Tselem. Al Ghawi fasst zusammen: "Sie kommen aus Albanien, Russland oder Deutschland. Sie haben nicht mehr ein Recht darauf hier zu leben als ich. Ich wurde hier geboren, meine Tränen und mein Blut ist hier". Laut Israelischem Gesetz haben sie aber mehr Rechte als der Araber mit Jerusalemer ID ohne israelischen Pass. Ein weiterer Politiker Jerusalems gibt im Interview sogar zu, er will die arabische Gegend Scheich Dscharah von Arabern befreien und in alleinig jüdische Hände bekommen. Das beschreibt ein palästinensischer Betroffener und Aktivist vor Ort, der von seinem Häusern gewaltsam vertrieben werden soll, sogar als ethnische Säuberung. Ein harter Vorwurf. Aber wenn man die Missstände sieht, erklärt sich warum Betroffene solch harte Sprache wählen, die für uns in Deutschland zu arg anmutet.

Die Enteignungen der Wohnungen, die Polizeigewalt der Israelis, sowie das Einlaufen an Ramadan in die Al Aqsa-Moschee in Kombination mit dem exzessiven Zelebrieren der illegalen Vereinnahmung Ost-Jerusalems durch ultra-rechte jüdische Gruppen, werden von Vice als Auslöser für die maßlose und boshafte terroristische Eskalation durch Hamas genannt. Der Film ist nicht super "beidseitig", wie viele das bei Israel-Palästina-Berichten immer gebetsmühlenartig verlangen, was auch richtig ist. Aber grundsätzlich: Es ist in Reportagen Gang und Gebe, dass man auch Dinge aus einer Perspektive, meist der des Schwächeren erzählt, auch wenn diverse andere Stimmen zu Wort gekommen sind, um Stellung zu beziehen.

Der Film gibt wichtigen und notwendigen Kontext und erzählt die Geschichten, derjenigen, die die strukturelle Diskriminierung und Staatsgewalt am eigenen Leibe spüren, wie sie auch in einem funktionierenden demokratischen Staat, mit Gerichten, mit Polizei, mit Wahlen durch Minderheiten dennoch erfahren wird. Egal ob in Deutschland, Österreich, den USA, Frankreich oder eben Israel. 



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