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Medien und Gesellschaft

Warum fühlt sich das Internet so komisch an?

Jannis Brühl
Redakteur
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Jannis BrühlSonntag, 15.10.2023

Die Erfahrung im digitalen Zeitalter zu leben will ich so zusammenfassen: Egal, ob man Mails gecheckt, in eine Whatsapp-Gruppe geschaut oder durch News gescrollt hat: In dem Moment, in dem man das Smartphone weglegt, spürt man ein seltsam unbefriedigtes Gefühl. Als würde das Internet sein Versprechen nicht einlösen, nämlich irgendwie wertvoll für das eigene Leben zu sein. Was machen wir dort eigentlich? 

Ein ähnliches Gefühl hat auch Kyle Chayka, der diesem in einem Essay im New Yorker nachgeht. Es ist ein Requiem für die wilde Social-Media-Zeit vor einem Jahrzehnt, als sich das Netz demokratisch und kreativ anfühlte (was allerdings womöglich schon damals eine Illusion war, die die Kassen von Facebook füllte). Heute hat sich das Chaos in jedem Fall konsolidiert – zum Schaden der Gleichheit:

part of the problem is that social media is more hierarchical than it used to be. “There’s this divide that wasn’t there before, between audiences and creators,” Stern said. The platforms that have the most traction with young users today — YouTube, TikTok, and Twitch — function like broadcast stations, with one creator posting a video for her millions of followers; what the followers have to say to one another doesn’t matter the way it did on the old Facebook or Twitter. Social media “used to be more of a place for conversation and reciprocity,” Stern said. Now conversation isn’t strictly necessary, only watching and listening

Womit eigentlich das alte TV-Prinzip zurückkehrt, plus Kommentarfunktion und der Möglichkeit, zu mobben. Das hat auch mit dem Format Video bzw. Videostream zu tun: Everyone is forced to perform the role of an influencer. The barrier to entry is higher and the pressure to conform stronger. It’s no surprise, in this environment, that fewer people take the risk of posting and more settle into roles as passive consumers.

Ein weiterer Gedanke Chaykas, der mir eher Hoffnung gibt: Der Boom des Home Office ermöglicht es den Menschen, zwischen Arbeitsaufgaben Privates bzw. Familiäres (Einkaufen, Gassi gehen) zu erledigen, statt auf Facebook oder Twitter rumzuhängen wie einst. Was im Umkehrschluss bedeuten würde, dass das Social-Media-Zeitalter vor allem auf der Langeweile von Büroangestellten gewachsen ist und schon deshalb ein Ein-Generation-Phänomen ist.

Alles in allem ein Artikel, der mich darin bestärkt, meinen Online-Konsum und meine Handynutzung noch stärker zu kontrollieren und zu strukturieren, damit sie auf einige wirklich wichtige Dinge in meinem Leben einzahlen statt nur Zerstreuung und Zeitvergeudung zu fördern.

Ludditen-Kulturpessimismus Ende. Zurück an die Handys!

Warum fühlt sich das Internet so komisch an?

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Kommentare 2
  1. Dennis Schmolk
    Dennis Schmolk · vor einem Jahr

    Ich glaube, die Annahme, die wir vor 20-15 Jahren hatten, dass durchs offene, dezentrale Internet alle Nutzenden auch zu Kreierenden ("Prosumer") werden würden, war schlicht nicht besonders realistisch.

    Es gab immer die Schließungsbewegung, algorithmisch oder monetär Bestimmtes erfolgreicher zu machen -- und anderes eben nicht. Das fing ja schon damit an, dass man statt dem selbst gehosteten Wordpress auf wordpress.com bloggte und damit "netzwerkabhängig" wurde (oder eben auf Reichweite verzichtete, was nur ging, wenn man hobbymäßig bloggte). Vielleicht ist das angesichts der Komplexität digitaler Kommunikationsströme auch schlicht notwendig ...? Man braucht ja immer noch geteilte Themen und anschlussfähige Mitteilungen.

    Außerdem haben wir glaube ich auch überschätzt, wie kundig/souverän/kritisch die nachfolgenden Kohorten mit dem ganzen digitalen Kram umgehen würden. Daran musste ich am WE denken, als ich diesen Satz eines österreichischen Lehrers las: »Mit Begriffen wie Arbeitsspeicher, Display oder Pixel ist meine Generation noch mitgewachsen. Die Schüler*innen, die ich jetzt unterrichte, sind reine Anwender*innen. Wenn man ihnen zum Beispiel sagt, sie sollen ihr Telefon ausschalten, dann schalten sie es auf stumm und glauben, es ist damit ausgeschaltet. Oder man sagt, sie sollen etwas speichern, und wenn man dann fragt, wo sie es gespeichert haben, haben sie keine Ahnung.« (https://thegap.at/pfli...)

    Ich hatte 2005, also so mit 18, immer gedacht: Alle jüngeren Menschen können irgendwann programmieren; verstehen, wie Software funktioniert; durchschauen Algorithmen besser; können Computerprobleme beheben. Fast schon lustig, wie naiv diese Annahme war.

    1. Cornelia Gliem
      Cornelia Gliem · vor einem Jahr

      dem kann ich nur zustimmen : - )

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