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Medien und Gesellschaft

Kluge Bemerkungen zum Genderdeutsch

Dirk Liesemer
Autor und Journalist
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Dirk LiesemerDienstag, 19.03.2019

Ich kann nichts mit dem Gendersternchen anfangen. Es stört gewaltig beim Lesen, ist eindeutig volkspädagogisch und ganz gleich um welches Thema es geht, immer mault es, man möge doch gefälligst alle Geschlechter bedenken. Als würde man das nicht ohnehin tun. Tatsächlich schiebt sich das Sternchen so penentrant in den Vordergrund des Schriftbildes, dass das eigentliche Thema dahinter verbasst. In der Debatte um dieses hässliche Ding nimmt Thomas Steinfeld zu Recht einen revolutionären Furor wahr und findet in der erhitzten bis neurotischen Gefechtslage den richtigen Ton: Sein Text ist ruhig, seine Argumente sind sachlich. Und sie werden schon denen nicht gefallen, die noch immer glauben wollen, das Wörtchen "man" leite sich von "Mann" ab. Steinfeld weist auf Eigenheiten und Notwendigkeiten der deutschen Sprache hin, die sich auch nicht mit dem Scheinargument wegschwadronieren lassen, dass sich Sprache halt einfach so weiterentwickelt. Das tut sie nämlich nicht. Vielmehr liegen jeder Entwicklung bewusste Entscheidungen zu Grunde, über die sich diskutieren lässt. Bevor man jetzt meint, unbedingt eine Kommentar unter meinem Piq loswerden zu müssen, sollte man in alle Ruhe Steinfelds klugen Text lesen.

Kluge Bemerkungen zum Genderdeutsch

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Kommentare 4
  1. Leopold Ploner
    Leopold Ploner · vor mehr als 5 Jahre

    Ich finde es etwas befremdlich, wenn mir von außen eine bestimmte Motivation für mein Tun untergeschoben wird: “Die Forderung nach einer geschlechtergerechten oder geschlechterneutralen Sprache ... beruht auf der Verbitterung, dass alle Anstrengungen der vergangenen 150 Jahre, die Ungleichheit der Geschlechter aufzuheben, die Differenz nicht aufzuheben vermochten.”
    Nein, im Gegenteil. Es sind gerade die Fortschritte der letzten 30/40 Jahre in der Gleichberechtigung, die mir unser männlich dominiertes Deutsch immer absurder erscheinen lassen. Es fühlt sich falsch an, wenn ich die Hälfte der Menschheit beim Sprechen ausblende. Warum sagen wir “die Leser”, obwohl wir wissen, dass die meisten Bücher von Frauen gelesen werden? Wenn ein Chor zu drei Vierteln aus Frauen besteht, sprechen wir trotzdem von “den Sängern”. Das fühlt sich für mich einfach falsch an, und ich finde Binnen-I oder Gendersternchen ein geeignetes Mittel, um das richtig zu stellen.

    1. Dirk Liesemer
      Dirk Liesemer · vor mehr als 5 Jahre

      Gendersternchen und Binnen-I lassen sich halt gerade nicht aussprechen, schon gar nicht problemlos. Aber hier wird ein interessanter Punkt angesprochen: Wenn ein Chor überwiegend aus Frauen besteht, spricht wenig dagegen, warum man das nicht auch mal gezielt betont. Also dass man Sängerinnen schreibt. Die Wirkung verliert sich aber und man bildet dann auch nicht mehr die Wirklichkeit ab, wenn man immer von Sängerinnen und Sängern spricht, wobei auch hier die Reihenfolge aufschlussreich sein kann.

    2. Clara Westhoff
      Clara Westhoff · vor mehr als 5 Jahre

      toller Kommentar, bin ganz deiner Meinung!

  2. Christoph Weigel
    Christoph Weigel · vor mehr als 5 Jahre

    gelesen, trotzdem ein kommentar. ich zitiere (mich) aus einem anderen thread:

    journalisten° = kringel weil inklusiver, weniger binär als das sternchen. kein rekurs auf ein biologisches/kulturelles geschlecht. ebenso leicht wie * auf der tastatur zu ertippern, ohne verrenkungen. endständig weil optisch weniger 'disruptiv' als mittel-ständiges sternchen. endständig weil es als visuelles gegengewicht vorangestellten artikeln die generische wichtigkeit nimmt (die außer germanisten° eh niemand mehr versteht, deutsch-schüler° schon gar nicht).

    das entsprechende emoji für's sprechen mit gestik gibt es bereits. und bei allem bedenkenswerten, das thomas steinfeld schreibt: ich brauche praktikable (schrift)sprache für STEM studenten°, ohne ihnen einen deutsch-grundkurs antun zu müssen. und studentinnen nicht ohne not abzutörnen.

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