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Literatur

Sickomode

Andreas Merkel

Sachbuchautor über Romane in Berlin. Letzte Veröffentlichung: "Mein Leben als Tennisroman" (Blumenbar). Kolumne "Bad Reading" im Freitag (das meinungsmedium).

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Andreas MerkelMontag, 31.12.2018

Was mich an Hip Hop nicht interessiert: Drogen, Party, Autos. Angeberei und Gewaltverherrlichung. Der ganze Respect- & "Realness"-Scheiß. Kapitalismus (Luxus & Bling). Autobiographisches Lamentieren über Superstarprobleme mit dem Ruhm, der noch berühmteren Ehefrau, den neidischen Kollegen (die der Welt verraten, dass du heimlich ein Kind mit einem Pornostar hast). Superversaute Lyrics und Codes. How to make it in America.

Was mich an Hip Hop interessiert: Rhyme & rhythm, Anspannung & Entspannung. Die Moves. Aus gnadenlosem Outsidertum geborene Angeberei. Kapitalismus (Siegeszug der Athleisure in die High Fashion). Die Lyrics (autobiographisch wie Knausgård, versaut wie Bolaño) und Codes (Justin "Biebs" Bieber und Hannah Montana, clean American Idols, als Synonym für Koks). Pitchfork.com und genius.com (um zu prüfen, ob Frank Ocean am Ende von A$AP Rockys "Brotha Man" wirklich "... looking dollared like I'm Donald Trump" singt - nein, besser: "... getting God's view from towers, looking downward like I'm Donald Trump"!). Das Urbane, Internationale. Das weltweit maßgebliche Nicht-Weiße (der Untergang des weißen Pop). How to make it in America.

Oder, wie es Raymond Pettibon im von ihm gestalteten SZ-Magazin Edition No. 46 vom 16. November 2018 Tobias Haberl mitteilte:

Hören Sie beim Zeichnen gelegentlich die alten Sachen?

Nein, meistens ist es still, wenn ich arbeite, und wenn ich doch mal was auflege, dann Hip-Hop, auch so eine verlogene Subkultur. Schauen Sie sich diese Möchtegern-Gangster mit ihren Gangs doch an, es ist so lächerlich. Ich meine, Menschen bringen sich um wegen diesem Scheiß.

"Sickomode" ist für mich der Song des Jahres und dies ist die Silvesterparty eines längeren Textversuchs über Hip Hop als Lyrik, an dem ich in diesem Herbst gescheitert bin.



Sickomode

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