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Die Enquete-Kommission „Wohlstand, Wachstum, Lebensqualität“ des Deutschen Bundestags hat über zwei Jahre lang die Zusammenhänge von Wirtschaftswachstum, Umweltverbrauch und Soziale Sicherung diskutiert. In fünf Projektgruppen wurden die Themen „Stellenwert von Wachstum in Wirtschaft und Gesellschaft“, „Entwicklung eines ganzheitlichen Wohlstandsindikators“, „Wachstum, Ressourcenverbrauch und technischer Fortschritt – Möglichkeiten und Grenzen“, „Ordnungspolitische Rahmenbedingungen für eine unilaterale Vorbildwirkung Deutschlands und Europas bei der Minderung von Treibhausgasemissionen“ sowie „Arbeitswelt, Konsumverhalten und Lebensstile“ bearbeitet.
Der 2013 erschienene Bericht dokumentiert die Ergebnisse, wobei kein konsensualer Text zustande kam, sondern die Berichte der damaligen Mehrheitsfraktionen aus CDU und FDP meist durch Sondervoten der damaligen Oppositionsparteien SPD, Bündnis 90/Die Grünen sowie Die Linke bzw. durch Stellungnahmen von benannten Experten ergänzt wurden.
Die größten Differenzen gab es in der Projektgruppe „Stellenwert von Wachstum in Wirtschaft und Gesellschaft“. Konsens herrschte in dem Befund, dass die starken Wachstumsraten der 1950er- und 1960er-Jahre in Deutschland eine historische Ausnahme waren und dass Wachstumsraten von 1–2 Prozent eher der Normalität entsprechen. Dass die zu erwartende Bevölkerungsabnahme das Wachstum weiter dämpfen werde, wird auch von allen Fraktionen so gesehen. Die Unterschiede der beiden in diesem Abschnitt vorgelegten Abschlussberichte liegen jedoch in der Einschätzung der ökologischen Notwendigkeit einer Wachstumsrücknahme, in der Möglichkeit einer Konsumreduktion als Ausdruck von mehr Lebensqualität sowie schließlich in der zukünftigen Sicherung der Sozialsysteme und des Abbaus der öffentlichen Schulden (dass dieser notwendig ist, wird von allen befürwortet).
Wachstum sei nötig, um die Innovationskraft der deutschen Wirtschaft zu erhalten, so die Autoren des Mehrheitsvotums dieser Projektgruppe. Das Mengenwachstum sei zwar vorüber, nicht jedoch das qualitative Wachstum, worunter nicht der Umstieg auf immaterielle Güter, sondern die Verfeinerung und Ausdifferenzierung der vorhandenen materiellen Güter gemeint wird (etwa noch bessere Autos, Fernseher oder Handys). Dass Menschen freiwillig auf mehr Konsum verzichten könnten, wird zwar benannt, aber als unwahrscheinlich abgetan. Als zweites wichtiges Argument für Wachstum wird von diesem Text die Finanzierung der öffentlichen Aufgaben angeführt.
Das Gegenvotum verweist auf die ökologischen Wachstumsgrenzen und die Notwendigkeit, die öffentlichen Haushalte neben der Streichung aller ökologisch nichtverträglichen Subventionen zukünftig durch eine stärkere Heranziehung der Vermögenderen und höheren Einkommensbeziehenen zu finanzieren (dass die Vermögens- und Einkommensunterschiede zuletzt stark zugenommen haben, wird freilich auch vom Mehrheitsvotum konstatiert). Vorgeschlagen wird ein Wachstum im Bereich grüner Techno- logien sowie im Dienstleistungssektor. Arbeitsplätze würden bisher nur gehalten durch den Trend zu mehr Teilzeit; nur wenn das Wirtschaftswachstum über den Produktivitätssteigerungen liege, könnten zusätzliche Arbeitskräfte geschaffen werden, was immer schwieriger werde, so der Befund des Gegenvotums.
Weitgehend Konsens gab es in der Projektgruppe „Wohlstandsindikatoren“ darüber, dass das Bruttoinlandsprodukt allein zu wenig über Lebensqualität aussagt: ökologische Kosten würden ebenso wenig berücksichtigt wie die Verteilung des Wirtschaftsprodukts. Zudem wird auf die Gefahr verzerrter Wachstumsdaten aufgrund überhitzter Finanzmärkte, die etwa zu überbe- werteten Immobilien führen, hingewiesen. Vorgeschlagen werden zehn Indikatoren zu den Bereichen „Materieller Wohlstand“ (Bruttoinlandsprodukt, Staatsschuldenquote, Einkommensverteilung), „Soziales und Teilhabe“ (Erwerbstätigenquote, Bildungsquote, Lebenserwartung, Demo- kratie) und „Ökologie“ (Treibhausgasemissionen, Stickstoffüberschuss, Artenvielfalt).
Die Projektgruppe „Wachstum, Ressourcenverbrauch und technischer Fortschritt – Möglichkeiten und Grenzen“ kommt zum Schluss, dass Reboundeffekte ein ernst zu nehmendes Problem darstellen und nur eine bedingte Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch möglich ist: „Eine wirksame Vermeidung des Rebound-Effekts kann [...] nur garantiert werden, wenn explizite Höchstgrenzen (Caps) durch Regulierung durchgesetzt werden. Ohne einen Cap bergen alle Entkopplungsmaßnahmen zumindest die Gefahr des Rebounds.“ (S. 514)
In der Projektgruppe „Arbeitswelt, Konsumverhalten und Lebensstile“ wurde neben Aspekten wie Mindestlöhne, Arbeitsmarkt oder Arbeitsqualität auch die Notwendigkeit diskutiert, Arbeit weiterzufassen: „Die Visionen zukünftiger Arbeit können dabei helfen, die Debatte um einen neuen Arbeitsbegriff weiterzuführen.“ (S. 708) Zum Thema Konsum wurden u. a. die Möglichkeiten von Gütesiegeln, Auflagen für nachhaltige Produkte sowie Maßnahmen der Bewusstseinsbildung diskutiert. Ein Aspekt galt der Sozialverträglichkeit von nachhaltigem Konsum: Die Debatte über eine den nachhaltigen Konsum fördernde Politikgestaltung müsse die soziale Schwelle des nachhaltigen Konsums in den Blick nehmen und Strategien dafür entwickeln. So seien Menschen mit niedrigem Einkommen von steigenden Energiepreisen besonders betroffen, gleichzeitig sind energiesparende Neugeräte für diese oft nicht finanzierbar: „Elemente einer Politik, die hier unterstützt, können kostenlose Beratungsangebote wie Energieberatungen und Anschaffungszuschüsse für energieeffiziente Geräte für Menschen mit niedrigem Einkommen oder aber Konzepte wie das Energie- Contracting sein.“ (S. 733).
Einschätzung: Der Bericht der Enquete-Kommission gibt einen umfassenden Einblick in den aktuellen Forschungs- und Wissensstand zu allen Facetten einer nachhaltigen Entwicklung. Zudem macht er neben den konsensualen Bereichen in demokratischer Manier auch die differierenden Positionen insbesondere in Bezug auf Lösungswege deutlich. Einer Fortführung des Wachstumskurses flankiert von ökologischen Maßnahmen steht dabei der Weg eines beschränkten Wirtschaftswachstums bei einer anderen – in den Augen der Verfassenden – fairen und auch volkswirtschaftlich effizienteren Verteilung des Erwirtschafteten gegenüber.
Quelle: Schriftenreihe der Bundeszentrale für Politische Bildung bpb.de
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Ja, das war's :-)
Danke für die interessante Zusammenfassung. Hätte das gerne einmal gelesen, aber es ist doch ein ziemlicher Brocken.