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1979 in Ostberlin geboren - inzwischen hat die Heimat keinen Ort mehr. Mit David Hasselhoff die Mauer zum Einsturz gebracht, um sich in eine waschechte Kreuzergerin verlieben zu können. Altsprachengepeinigt. So Sachen studiert. Kinder gekriegt. Im Rock durchs Internet spaziert. Rempelt für Pinkstinks Sexismus in Wort und Tat um. War mal hier, mal dort, schaut mittlerweile aufs Meer. Und schreiben. Immer wieder schreiben.
Dass behinderte Menschen Lust empfinden und ein Bedürfnis nach Sexualität und Nähe haben, ist für viele nur schwer vorstellbar. Insbesondere der Umgang mit geistig behinderten Menschen ist diesbezüglich von massiven Unsicherheiten und Vorbehalten geprägt. Indem wir unsere Sichtweise von individuellen Personen und ihren Lebensläufen auf eine Behinderung beschränken, pathologisieren wir ganze Biografien und entgrenzen eigentlich nachvollziehbares Begehren in den Bereich des Unvorstellbaren und Unerhörten. Deshalb ist es ganz besonders wichtig, in diesem Bereich sensibel und kenntnisreich aufzuklären. Die Expert*innen von pro familia tun das schon seit vielen Jahren. Um eine breitere Öffentlichkeit mit diesem Thema zu erreichen, braucht es jedoch auch publizistische Bemühungen.
Mit der 2014 erstmalig in der kleinen, aber feinen Elbe-Jeetzel-Zeitung erschienen Reportage Bettys erstes Mal gelingt Benjamin Piel ein großer journalistischer Wurf auf engem Raum, der verdientermaßen mit dem Theodor-Wolff-Preis, sowie dem Reportagepreis für junge Journalisten ausgezeichnet wurde. Piel nimmt sich für seine Reportage so weit wie möglich zurück, um seine Protagonist*innen zu Wort kommen zu lassen. Er nötigt seiner Leserschaft nicht seine persönlichen Vorstellungen und Bewertungen von Alter, Behinderung, Sexualität oder Prostitution auf, sondern lässt von diesen Dingen wie nebenbei berichten. Ohne dass es erzwungen wirkt, wirft er dabei Licht auf gleich mehrere tabuisierte Bereiche. Eine 73 jährige geistig und körperlich behinderte Frau will ihre Sexualität ausleben, und ein um die 60 jähriger Mann möchte ihr dabei helfen. Nichts an dieser Reportage wirkt gestellt oder voyeuristisch. Der Reporter wurde eben nicht mit diesem heutzutage so verbreiteten journalistischen Imperativ „Gehen Sie doch mal los und schreiben Sie mir über..." versehen. Stattdessen schreibt sich Piel mit feinen Beobachtungen in das Dunkelfeld unseres Nicht-Wissen-Wollens.
Quelle: Benjamin Piel Bild: Helmut Singer - F... sueddeutsche.de
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