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Liebe, Sex und Wir

Dürfen Extremsportlerinnen überhaupt stillen?

Nils Pickert
Freier Journalist. Autor. Aktivist. Internetmeme. Feminismus und so. Turngerät von vier Kindern.
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Nils PickertMontag, 24.09.2018

Das ist natürlich eine vollkommen unsinnige, übergriffige Frage. Trotzdem hat der Journalist Hannes Vollmuth für die Süddeutsche Zeitung ein ganzes Interview aus dieser Frage gebastelt und sich dabei sagenhaft verrannt. Als hätte er nie etwas von journalistischer Distanz oder dem Vermeiden von Suggestivfragen gehört, bohrt er „investigativ“ bei der Ultramarathonläuferin Sophie Power nach. Schließlich ist ihr Bild, wie sie in einer Laufpause ihren kleinen Sohn stillt, um die halbe Welt gegangen. Was dabei herauskommt, ist das beste schlechte Interview seit Langem. Und das liegt ausschließlich an Power, die ein ums andere Mal die befremdlichen Fragen von Vollmuth abschmettert und sich nachvollziehbar und deutlich positioniert. Fragen wie:

„Welche Botschaft wollten Sie mit dem Bild senden?“ Das Bild wurde ohne ihr Wissen aufgenommen.

„Wäre vorher abstillen nicht auch eine Möglichkeit gewesen?“ Wieso eigentlich? Und was soll die übergriffige Frage?

„War denn wirklich niemand irritiert?“ Gib doch einfach zu, dass du das unfassbar findest und versteck dich nicht hinter anderen.

„Können Sie sich vorstellen, dass Sie andere Eltern damit unter Druck setzen?“ Das muss es sein. Das war der Plan hinter Powers „Stillaktion“. Oder ihr Kind brauchte Milch und ihr taten die Brüste weh.

Man möchte Vollmuth eine Stillberatung nahelegen. Trotzdem ist es ein lesenswertes Interview, weil Sophie Power mit großer Klarheit und Wahrhaftigkeit bloßlegt, wie absurd die Unterstellungen und die Stoßrichtung des Interviews sind und was für ein gesellschaftliches Bild von Stillen und Müttern dem immer noch zugrunde liegt.

Das Interview ist bezahlpflichtig und wie hier verlinkt über Blendle oder direkt auf dem Portal der Süddeutschen abrufbar.

Dürfen Extremsportlerinnen überhaupt stillen?
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Kommentare 7
  1. Theresa Bäuerlein
    Theresa Bäuerlein · vor 6 Jahren

    Fast hätte ich es hier überlesen, aber dann sah ich es nochmal im Interview-Vorspann: Sie hat lief einen 172 Kilometer langen Ultramarathon, 42 Stunden am Stück – und stillte unterwegs ihr drei Monate altes Baby.

    Unterwegs! Das muss man erstmal hinkriegen. Ein Grund mehr, ihr keine bescheuerten Fragen zu stellen.

  2. Jan Paersch
    Jan Paersch · vor mehr als 6 Jahre

    Nun, kein Interview wird so gedruckt, wie es geführt wird. Aber abgesehen davon: vielleicht sollte man Herrn Vollmuth sogar danken, dass er es Frau Power ermöglicht hat, solche Antworten zu geben. Denn die wären bei schlaueren Fragen wohl nicht so deutlich ausgefallen.

    1. Fabian Goldmann
      Fabian Goldmann · vor 6 Jahren

      "Nun, kein Interview wird so gedruckt, wie es geführt wird." Doch, die gibt es zum Glück noch. Aber schade, dass sich die Annahme, dass es nicht so ist (und nicht so sein sollte), auch unter Journalisten immer weiter verbreitet.

    2. Jan Paersch
      Jan Paersch · vor 6 Jahren

      @Fabian Goldmann Nun, ich sage nicht, dass es nicht so sein sollte, aber oft ist es besser so. Wer will schließlich endlose Absätze und ständig hin- und herspringende Gedankenfetzen lesen? Ernsthaftes Interesse: wo gibt es das denn noch, abgesehen vom eingestellten "Interview" von Warhol?

  3. Antje Schrupp
    Antje Schrupp · vor mehr als 6 Jahre

    Meine Güte, was für Fragen.

  4. Christian Holberg
    Christian Holberg · vor mehr als 6 Jahre

    Ich finde Frau Power hat sich tapfer geschlagen in dem Interview. Ich wäre aufgestanden und gegangen. Stillen geht in den meisten Situationen und sollte gesellschaftlich in allen Situationen das normalste sein.

    1. Nils Pickert
      Nils Pickert · vor mehr als 6 Jahre

      Ich finde das auch bemerkens- und bewundernswert. Wenn Power sich nicht so ausnehmend eloquent gegen diese Fragen zur Wehr gesetzt hätte, wäre es einfach nur ein schlechtes Interview. So sind es schlechte Stichwortfragen zu großartigen Statements.
      LG Nils

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