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Klima und Wandel

Wie die SPD das Klimaziel Europas schleift

Nick Reimer
diplomierter Energie- und Umweltverfahrenstechniker, Wirtschaftsjournalist und Bücherschreiber
Zum Kurator'innen-Profil
Nick ReimerSamstag, 29.09.2018

Es gab mal eine Zeit, da wollte die SPD mehr Klimaschutz in der EU. "Für mich war die deutsche Regierung und ihre Unterstützung entscheidend. Hätte ich die nicht gehabt, hätte ich gesagt, ich werde scheitern", formulierte der damalige EU-Energiekommissar Andris Piebalgs vor zehn Jahren und dankte Sigmar Gabriel. Der war damals für die SPD Bundesumweltminister, die EU hatte gerade ihre Klimapläne veröffentlicht.

Zehn Jahre - und etliche SPD-Wahlschlappen - später hat sich das ins Gegenteil verkehrt. Die selbsterklärte SPD-Erneuerin Andrea Nahles beteuerte Ende August: 

Für eine Blutgrätsche gegen die Braunkohle steht die SPD nicht zur Verfügung. Wir können diese Technologie nicht einfach abknipsen. An der Kohle hängen Lebensläufe und ganze Regionen.

Klimaschutz ist also nicht mehr so wichtig, und - hey - warum sollte die Großbaggertechnik aus dem vergangenen Jahrhundert nicht auch die Zukunft für die geplagten Genossen bringen? Jedenfalls wollen Nahles und Co. nichts mehr von der einst betriebenen SPD-Politik wissen: Es war Umweltminister Sigmar Gabriel, der das deutsche Klimaziel - minus 40 Prozent bis 2020 gegenüber 1990 - vor zehn Jahren zur offiziellen Regierungspolitik machte.

Das hat die SPD in dieser GroKo nun offiziell über den Haufen geworfen: Das 40-Prozent-Ziel muss regierungsoffiziell nicht mehr eingehalten werden, wir sind ja ohnehin erst bei 27 Prozent. Mit weitreichenden Folgen. Denn eigentlich plante die EU-Kommission, ihr Klimaziel bis 2030 zu erhöhen. Wird nun nichts. Nach Widerstand aus Deutschland hat EU-Kommissar Miguel Arias Canete den Plan aufgegeben, das Klimaziel der EU für 2030 auf 45 Prozent anzuheben. Ziel von Canete war, vor der nächsten Weltklimakonferenz im Spätherbst ein Signal der EU zu setzen und die UN-Partner zu ermutigen, ebenfalls mehr gegen die Erderwärmung zu tun. Die Idee war jedoch bei Kanzlerin Angela Merkel auf Ablehnung gestoßen - und bei der SPD, eben weil Deutschland selbst sein 40-Prozent-Ziel klar verfehlen wird.
Wie die SPD das Klimaziel Europas schleift

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Kommentare 12
  1. Silke Jäger
    Silke Jäger · vor 6 Jahren

    Das ist schon sehr erstaunlich. Womit genau hat denn der Sinneswandel der SPD zu tun? Und wie wurde aus der "Klimakanzlerin" Merkel eine Blockiererin?

    1. Nick Reimer
      Nick Reimer · vor 6 Jahren

      Vielleicht damit, dass die SPD alle ihre profilierten Umweltpolitiker verloren hat? Hermann Scheer, Michael Müller, Ernst Ulrich von Weizsäcker, Petra Bierwirth ...

    2. Daniela Becker
      Daniela Becker · vor 6 Jahren

      Frau Merkel war genauso wenig jemals eine "Klimakanzlerin" wie sie die Lichtgestalt der Flüchtlingspolitik ist. Beide Titel sind ist ihr mehr oder minder in den Schoß gefallen, weil sie zum allerletzt möglichen Zeitpunkt "Entscheidungen" getroffen hat.
      Die SPD ist sehr stark
      im Kohleland NRW verwurzelt. Das sind zwar netto betrachtet nicht mehr viel Arbeitsplätze die da auf dem Spiel stehen, aber man muss nur mal durch rheinische Braunkohlerevier fahren, um zu verstehen wie tief die Wurzeln da gehen. Und bislang bietet keine Partei eine ansprechende Zukunftsvision.
      Und wie Nick sagt, es gibt kaum noch SPD-Politiker, die sich mit dem Energie- und Umweltthema identifizieren und sich dafür stark machen.

    3. Silke Jäger
      Silke Jäger · vor 6 Jahren

      @Daniela Becker Bitter. Wer besetzt denn in der Koalition das Thema noch? Oder ist das jetzt völlig in die Opposition ausgelagert?

    4. Daniela Becker
      Daniela Becker · vor 6 Jahren

      @Silke Jäger Ja, so sehe ich das. Grüne Themen - von Artensterben über Ressourcenschutz bis hin zur Landverbrauch - werden leider praktisch nur von den Grünen bearbeitet. Zum Thema Klimaschutz hört man neuerdings von SPD/CDU/FDP grotesk reaktionäres, dicht am Verleugnen. Energiewende wird nur noch unter dem Kostenaspekt verhandelt.
      Mir fällt leider wirklich niemand ein. Josef Göppel (CSU) war der letzte Konservative der das Thema als Agenda hatte (letztes Jahr aus dem Bundestag ausgeschieden). Bei der SPD vielleicht noch Marco Bülow. Axel Berg war ein wichtiger Energie-SPDler, aber den hat die Partei selbst praktisch abgesägt. (Mein Eindruck ist übrigens, dass das ein Problem des Spitzenpersonals ist. Ganz oben wird immer noch die Angst geschürt, man wäre eine Verbotspartei wenn man sich Umweltthemen widmet. An der Basis hingegen sind viele unzufrieden, dass Umweltthemen nicht bearbeitet werden. Das ist zumindest mein Eindruck wenn ich hier in Bayern mit CSUlern spreche.)

    5. Silke Jäger
      Silke Jäger · vor 6 Jahren

      @Daniela Becker Darüber bin ich neulich gestolpert, ein Beitrag von Mitte August: Amerikanische ThinkTanks, deren Aufgabe es ist, Einfluss auf die amerikanische Klimapolitik zu nehmen, arbeiten mit einem deutschen ThinkTank zusammen, der das gleiche Ziel hat: EIKE. Ein offenbar bei AfD-Politikern beliebter Club, man zitiert seine "Studien". https://www1.wdr.de/da...
      Ich frage mich, was das mit dem Sinneswandel der Führungsriege der Koalitionsparteien zu tun haben könnte.

    6. Daniela Becker
      Daniela Becker · vor 6 Jahren

      @Silke Jäger EIKE ist ein schlimmes Klimawandelwandelleugner-Forum. Würde sagen, dass die lange nicht ernst genommen würde, aber mit Erstarken der AFD haben sie nun eine Plattform. Die schreiebn übrigens gezielt auch Journalisten an. Könnte Dir Mails weiterleiten...

    7. Silke Jäger
      Silke Jäger · vor 6 Jahren

      @Daniela Becker Das sind übrigens die gleichen Mechanismen, über die ich in UK stolpere, wenn ich mir die Drahtzieher der Leave-Kampagnen angucke. Wie wichtig es wäre, dass man sich da mal die Geldflüsse genau anguckte und das auf Seite 1 der Nachrichten packte ...

    8. Daniela Becker
      Daniela Becker · vor 6 Jahren
    9. Silke Jäger
      Silke Jäger · vor 6 Jahren

      @Daniela Becker Hach! Groß! Siehste, das hatte ich mal wieder nicht mitbekommen. Aber das geht sicher vielen Leuten so. Dabei kann man an diesem Beispiel total gut sehen, wie das Unterlaufen von Entscheidungen organisiert wird, die im Sinne aller sind, um Unternehmensinteressen zu stärken.

    10. Daniela Becker
      Daniela Becker · vor 6 Jahren

      @Silke Jäger Und hier das Drama der SPD nochmal in einem Tweet beschrieben https://twitter.com/he...

    11. Silke Jäger
      Silke Jäger · vor 6 Jahren

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