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Klima und Wandel

Wie der Klimawandel die Ostsee trifft

Nick Reimer
diplomierter Energie- und Umweltverfahrenstechniker, Wirtschaftsjournalist und Bücherschreiber
Zum Kurator'innen-Profil
Nick ReimerSonntag, 05.09.2021

2008 veröffentlichte die Forschungsabteilung der Deutschen Bank eine Studie unter dem Titel "Klimawandel und Tourismus: Wohin geht die Reise?" Die Wissenschaftler untersuchten mögliche regionale und saisonale Verschiebungen der Touristenströme infolge der Klimaerhitzung: Die Reiseindustrie am Mittelmeer werde zu den Verlierern zählen, so das Fazit, Mitteleuropa hingegen sahen die Autoren "auf der Gewinnerseite".  Bedeutet: Die Ostsee wird das neue Mittelmeer.

Wirklich? Steigende Wasser- und Lufttemperaturen, zu viele "Nährstoffe" aus der Landwirtschaft und "tote Zonen": Forscher erstellten nun neuerlich eine umfassende Bestandsaufnahme über den Zustand der Ostsee. Demnach ist der Eintrag von Düngeüberschüssen aus der Landwirtschaft zwar zurückgegangen. Trotzdem weise die jahrzehntelang von Überdüngung geplagte Ostsee immer noch große sauerstofffreie "Todeszonen" aus.

Dünger aus der Landwirtschaft: Was der Boden nicht aufnehmen kann, gelangt ins Grundwasser, in die Flüsse und schließlich ins Meer. Dadurch und wegen des wärmer werdenden Wassers vermehren sich insbesondere die sommerlichen Blaualgen explosionsartig. Immer häufiger ist vor allem der westliche Teil der Ostsee von einem riesigen grünen Algenteppich bedeckt – mit dramatischen Folgen: Sterben die Algen, sinken sie zu Boden, wo Bakterien die Reste zersetzen. Dafür brauchen sie aber viel Sauerstoff, der dann anderen Tieren fehlt – Krebsen, Würmern und Weichtieren, aber natürlich auch Hering, Dorsch und Scholle.

Die Ostsee gilt als die weltweit größte Sauerstoffmangelzone menschlichen Ursprungs, mehr als 60.000 Quadratkilometer gelten als tot, eine Fläche dreimal so groß wie Hessen. Nach Erkenntnissen finnischer Forscher gab es in den letzten 1.500 Jahren nie zuvor solch ausgedehnten sauerstoffarmen "Todeszonen" in der Ostsee. Mittlerweile kommt die Klimaerhitzung als verstärkender Effekt hinzu: Je wärmer Wasser ist, desto weniger Sauerstoff löst sich darin. Zudem wird durch höhere Temperaturen das Algenwachstum angekurbelt. Klimaforscher und Ozeanograph Markus Meier, der maßgeblich an dem Report beteiligt war:

"Unsere Berechnungen legen nahe, dass die Niederschläge in der nördlichen Ostseeregion zunehmen und dadurch die Flusswassereinträge im Norden größer werden. Gleichzeitig wird durch den globalen Anstieg des Meeresspiegels mehr salzhaltiges Wasser über die Meerengen bei Dänemark in die Ostsee eingetragen. Das heißt, es gibt zwei gegenläufige Effekte. Da unser Wissen über das tatsächliche Ausmaß des Meeresspiegelanstiegs immer noch begrenzt ist, sind folglich auch die Prognosen zu Veränderungen des Salzgehalts mit einer starken Unsicherheit behaftet. Das ist eine relativ neue Erkenntnis."

Angesichts des Klimawandels mit seinen Auswirkungen auf zahlreiche Faktoren wie Meereis, Meeresspiegel und Wassertemperatur stehen die Wissenschaftler Meier zufolge vor neuen Herausforderungen für die Forschung: "Der größte Teil der Todeszonen ist auf die eingetragenen Nährstoffe zurückzuführen, da sind wir uns sehr sicher", erklärte Meier und fragt: "Aber wie groß ist der Beitrag des Klimawandels? Noch wissen wir nicht genau, wie das marine Ökosystem darauf reagiert. Da gibt es große Fragezeichen."

Wie der Klimawandel die Ostsee trifft

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Kommentare 1
  1. Silvio Andrae
    Silvio Andrae · vor mehr als 3 Jahre

    In den letzten Jahren gab es eine Vielzahl von europäischen Rechtsinitiativen, in denen es unter anderem um die Bereitstellung maritimer Ökosystemdienstleistungen der Ostsee geht. Damit einher geht eine wachsende Zahl wissenschaftlicher Studien, Projekte und anderer Arbeiten, die einen umfangreichen Wissensschatz darstellen. Trotz aller Bemühungen, den Umweltzustand der Ostsee zu verbessern, wurden die gesetzten Ziele nicht erreicht. Das hängt auch damit zusammen, dass viele Studien qualitativer Natur sind. Aus diesem Grund sind wohl eher mehr quantitative Analysen erforderlich.

    https://www.sciencedir...

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