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Klima und Wandel

Strommarkt obskur (II): 800 Mio. Euro für nichts im ersten Halbjahr

Nick Reimer
diplomierter Energie- und Umweltverfahrenstechniker, Wirtschaftsjournalist und Bücherschreiber
Zum Kurator'innen-Profil
Nick ReimerFreitag, 16.12.2022

Alle ächzen unter den Energiekosten, auch der Strompreis ist rasant gestiegen, schon scheint der "Wirtschaftsstandort Europa" in Gefahr: Und trotzdem wird ohne Ende Energie verschwendet. Allein im ersten Halbjahr 2022 gingen in Deutschland 5,4 Milliarden Kilowattstunden Strom aus erneuerbaren Quellen verloren, wie die Bundesnetzagentur ermittelte. Das waren 4 Prozent des deutschen Stromverbrauches – oder umgerechnet 800 Millionen Euro.

"Strommarkt obskur" hieß es bei piqd bereits vor zwei Monaten: Es ging um den Energietransport von Nord nach Süd und die fehlenden Leitungen. Die Netze sind nicht ausreichend ausgebaut, um Strom aus den neuen Erzeugerzentren in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Brandenburg oder Sachsen-Anhalt in die industriellen Verbrauchskerne abzuführen. Immer dann, wenn viel Wind bläst, ist viel Strom im Netz, der Börsenpreis am Spotmarkt sinkt. Kaufen deshalb Mittelständler in Süd- oder Westdeutschland Strom ein, müssen dort Kohle- oder Gaskraftwerke angeschaltet werden, um die Nachfrage zu decken. Dafür aber müssen dann die Windkraftwerke abgeschaltet werden, denn im Netz darf immer nur so viel Strom sein, wie gerade gebraucht wird. Allerdings bekommen die Windmüller den nichtproduzierten Strom trotzdem bezahlt: Sie genießen Einspeisevorrang und können schließlich nichts dafür, dass die Netze fehlen. 

800 Millionen Euro und 4 Prozent Strom aus Erneuerbaren einfach so futsch! Der geschätzte Kollege Bernward Janzing hat einen einfachen Vorschlag, wie dieser Verschwendung zu begegnen ist: den deutschen Strommarkt in zwei Hälften teilen. Janzing schreibt:

Dass das Land sich eine einheitliche Preiszone leistet, wodurch Strom in Norddeutschland (wo häufig Überschuss herrscht) und in Süddeutschland (wo Strom häufig knapp ist) im Großhandel gleich teuer ist, ist ein Anachronismus.

Die Bayern wollen keine Windräder und auch keine Übertragungsleitungen? Dann sollen sie auch nicht vom preissenkenden Effekt profitieren, den die Erneuerbaren mit sich bringen. Janzing:

Dort, wo die Energie erzeugt wird, sollte sie billiger sein. Ist das nicht der Fall, führt das zu Fehlsteuerungen. Erkennbar zum Beispiel daran, dass auch in Süddeutschland Anlagen zur Wasserstofferzeugung gebaut werden. Diese aber gehören alleine dorthin, wo es Stromüberschüsse gibt. Würde man innerhalb von Deutschland regionale Preiszonen zulassen, würde der Markt das elegant regeln.

Strommarkt obskur (II): 800 Mio. Euro für nichts im ersten Halbjahr

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