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Klima und Wandel

Klimakompensation mit Atmosfair, Myclimate etc.: Bringt’s das?

Ralph Diermann
Energiejournalist

Strom, Wärme und Mobilität – das sind meine Themen. Ich arbeite seit 2008 als freier Energiejournalist u.a. für die Süddeutsche Zeitung, Spiegel Online, die Neue Zürcher Zeitung, für Riffreporter sowie für einige Fachzeitschriften.

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Ralph DiermannDonnerstag, 05.12.2019

Den Shoppingtrip mit dem Billigflieger nach London braucht kein Mensch, viele Urlaubsziele lassen sich gut per Zug erreichen, für Geschäftstermine tut es häufig auch eine Telefonkonferenz. Aber die Hochzeit des alten Schulfreunds in den USA, die Wochenendbesuche beim Lebenspartner in einer fernen Stadt: darauf verzichten, für den Klimaschutz? Puh.

Klimabewusste Menschen setzen dann beim Buchen des Fluges gerne ein Häkchen im Kasten zur freiwilligen CO2-Kompensation. Damit geht ein kleiner Aufschlag auf den Flugpreis an Unternehmen wie Atmosfair oder Myclimate, die mit dem Geld Klimaschutzprojekte in aller Welt finanzieren.

Ein folgenloser Ablasshandel? Oder bringt das wirklich etwas für das Klima? Dieser Frage ist jetzt Spiegel-Autor Claus Hecking nachgegangen. Spoiler: Hecking ist skeptisch. Es mag zwar sein, dass einzelne Maßnahmen tatsächlich zum Klimaschutz beitragen. Doch unberücksichtigt bleibt dabei, dass neben dem CO2 auch der ausgestoßene Wasserdampf sowie Schadstoffe wie Ruß zur Erderhitzung beitragen. Treffen sie nämlich auf kalte Luft in der Höhe, entstehen Kondensstreifen. Sie verhindern, dass Wärme von der Erde ins All abstrahlt. Damit verstärken sie den Treibhauseffekt – und zwar in erheblichem Maße (Spiegel Online berichtet hier über eine DLR-Studie dazu). In die Berechnung der Klimakompensation fließt dieser Mechanismus jedoch nicht mit ein.

Nachtrag vom 6. 12. 2019: Zumindest Atmosfair und MyClimate berücksichtigen die Effekte der Kondensstreifen sehr wohl, siehe Kommentare unten -  nicht jedoch die Fluggesellschaften, die selbst Kompensationen anbieten oder vornehmen.

Klimakompensation mit Atmosfair, Myclimate etc.: Bringt’s das?

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Kommentare 12
  1. Daniela Becker
    Daniela Becker · vor 5 Jahren

    Ich finde die Diskussion, diese Kompensationszahlungen nur in Bezug auf's private Fliegen zu betrachten, irreführend. So gut wie alle Unternehemen, die sich bemühen "klimaneutral" zu arbeiten, gleichen über solche Kompensationsprojekte aus. Wenn man das als Schmu betrachtet, dann muss man so gut wie alle Strategien in diese Richtung hinterfragen. Mein Problem damit ist vielmehr: Warum wird die Last auf einzelne Verbraucher*innen abgewälzt, die bereit sind mehr zu zahlen? Warum werden nicht die Airlines in die Pflicht genommen?

    1. Gabriele Feile
      Gabriele Feile · vor 5 Jahren

      Ein entsprechend hoher CO2-Preis würde doch das ganze Kompensieren unnötig machen, wenn dadurch die Gesamtemissionen sinken (z.B. weil Fliegen teurer wird und Bahnfahren günstiger). Sehe ich das richtig?

    2. Daniela Becker
      Daniela Becker · vor 5 Jahren

      @Gabriele Feile Von sinkenden Emissionen sind wir im Moment leider sehr weit entfernt. Ich würde sagen, beides ist nötig. Der CO2-Preis als ökonomischer Anreiz, und Kompensation, weil ja weiterhin geflogen wird und niemals klimaneutral sein kann.

  2. Marcus von Jordan
    Marcus von Jordan · vor 5 Jahren

    weiß jemand, ob diese Ausgleichsbeträge zusammen mit dem Flugpreis bei Geschäftsflügen absetzbar sind...das wäre sicherlich ein wichtiger Aspekt?

    1. Georg
      Georg · vor 5 Jahren

      Zahlungen an atmosfair sind zumindest wie eine Spende absetzbar. Aus den FAQ von atmosfair: "Ja. atmosfair ist eine gemeinnützige GmbH (gGmbH). Das bedeutet, dass die Klimaschutzbeiträge steuerabzugsfähig sind und Sie sich nach Ablauf von 8 Wochen eine Spendenbescheinigung von unserer Webseite herunterladen können. Die Spendenbescheinigungen sind jedoch nur zur Vorlage bei deutschen Finanzämtern gültig."

    2. Marcus von Jordan
      Marcus von Jordan · vor 5 Jahren

      @Georg ach cool...vielen Dank!

    3. Georg
      Georg · vor 5 Jahren · bearbeitet vor 5 Jahren

      @Marcus von Jordan Sehr gerne! Das erhöht, bezugnehmend auf meinen obenstehenden Kommentar, - ceteris paribus - wohl auch das mögliche Spendevolumen.

      Ich weiß leider nicht, wie sich die Besteuerung von Dienstreisen (vermutlich gewöhnlicher Posten auf der Ausgabeseite) von den steuerlichen Begünstigungen aufgrund der gemeinnützigen Spende (der Gewinnanteil, der gespendet wird, wird vermutlich vermindert oder garnicht besteuert?) unterscheidet. Das könnte die Differenz wiederum senken.

  3. Georg
    Georg · vor 5 Jahren

    Abgesehen von den sehr wichtigen Anmerkungen der beiden anderen KommentatorInnen möchte ich auf einen Punkt hinweisen, der in dem Artikel mMn ebenfalls nicht ausreichend behandelt bzw. übersehen wurde:

    Der sog. "Ablasshandel", nämlich das Offsetten von Emissionen, ist aus naturwissenschl. Sicht die effizienteste Option, persönlich etwas gegen den Klimawandel zu tun. Wenn wir uns in der Situation wiederfinden, dass das Unterlassen einer Reise keine Option ist, so wähnen sich heute sehr viele auf der richtigen Seite, wenn sie fordern, man müsste den Zug oder Bus wählen, auch wenn diese Reise um ein vielfaches teurer, länger und unkomfortabler ist, als der Flug. Wenn ich etwa von München nach Budapest fliege und dabei 30 € und 3 Stunden meiner Zeit (roundtrip) bezahle und im Nachhinein meine Emissionen auf atmosfair offsette, bezichtigen mich viele des "Ablasshandels". Sie wählen stattdessen den Zug (roundtrip) 100 € und 20 Stunden Fahrt. Nota bene: auch Zeit und Komfort sind "Güter", die wir konsumieren und bepreisen müssen, die Opportunitätskosten der Zugfahrt sind also sogar deutlich höher als nur (100 € - 30 €=) 70 €.

    Abgesehen davon, dass auch Zugfahrten Emissionen verursachen, bleibt mir, weil ich geflogen bin, sehr viel mehr Budget übrig, um noch deutlich mehr zu offsetten, als meinen eigenen Flug. München - Budapest bewegt sich bspw. im niedrigen zweistelligen Bereich laut atmosfair. Selbst wenn man Zweifel an der Berechnung hat, könnte ich etwa 80 € zusätzlich spenden, anstatt sie in eine teure Zugfahrt zu stecken und dann habe ich mit dem Faktor 6,5 meine Emissionen "überoffsettet". Jeder Naturwissenschaftler wird mir dann zustimmen, dass mein Flug zwar schädlich war, Flug und Offsets gemeinsam aber unterm Strich deutlich besser für das Klima sind, als die alternative Zugfahrt bei gleichem, endlichen Budget, das ich für Reise und Offsets ausgeben möchte/kann.

    Ich unterstelle keine falschen Motive, sondern den meisten einfach, dass der öffentliche Diskurs sie täuscht, wenn sie durch den Konsum teurer Alternativprodukte (in dem Fall Zug ohne Offset anstatt Flug mit viel Offset) zwar den Eindruck haben und das Image vermitteln können, etwas für das Klima zu tun, aber unterm Strich weit entfernt vom optimalen Impact bleiben, den sie mit ihrem begrenzten Budget in dem Fall, dass eine Reise nach Budapest unternommen werden muss, erreichen könnten (der Verzicht auf die Reise und trotzdem Spenden ist, sofern möglich, natürlich die beste Variante).

    Um schließlich zum Begriff "Ablasshandel" zurückzukommen: Ich beobachte in meiner "grünen Bubble" leider häufig, wie Menschen, mit denen ich diese Umstände ausführlich diskutiert habe, trotz Wissen um diese Umstände den Zug wählen, nicht spenden und mir, der ich dann fliege und sehr viel (viel mehr, als atmosfair vorschlägt) spende, "Ablasshandel" vorwerfen. In diesem Fall ist der wahre "Image-Ablasshandel" aber die Zugfahrt. Dann kann man nicht mehr behaupten, dass die suboptimale Konsumgüterbündelentscheidung (Zugfahrt ohne Spende) durch Fehlinformationen motiviert ist, dann muss man vielmehr unterstellen, dass es den Menschen mehr um ihr "grünes Image", als wirklich um das Klima geht.

    Ich finde, Wertungen wie "Ablasshandel" nie hilfreich in einer Debatte, die so komplex ist. Aber wenn wir den Begriff unbedingt verwenden wollen, um irgendwen unter Druck zu setzen, noch mehr für das Klima zu tun, dann sollten wir ihn - zumindest in einigen Schichten - anders verwenden.

    1. Dirk Janssen
      Dirk Janssen · vor 5 Jahren

      Ich glaube, ihre Argumentation funktioniert insgesamt nur unter der Voraussetzung, dass Vermeidung von Emissionen und Ausgleichsprojekte für zuviel Emission wirklich gleichwertig sind.

      Abgesehen davon empfinde ich persönlich Flugreisen als äußerst mühselig und die gesamte Zeit ist meist verloren, während der Zug mir meist ermöglicht, auf dem Weg zu arbeiten, aber dieser Vorteil des Bahnreisens gilt natürlich nur im Arbeitsumfeld.

  4. Heinrich Grossbongardt
    Heinrich Grossbongardt · vor 5 Jahren

    Anders als in der Zusammenfassung dargestellt, schreibt ganz richtig, dass Atmosfair und myclimate versuchen die klimawirksamen Emissionen von Wasserdampf etc. zu berücksichtigen, Atmosfair sogar mit dem Faktor 3. Nur die Lufthansa redet sich an dieser Stelle mit fadenscheinigen Gründen raus.
    Wo ich mit Hecking definitiv nicht übereinstimme ist die Aussage, 102 Euro Kompensationsbeitrag für einen Flug nach Bangkok seien "viele Geld für ein gutes Gewissen". Das sind gerade mal 10 Prozent des Flugpreises, aber allenfalls 3-4 Prozent des Budgets für einen solchen Urlaub.
    Auch dem Einwand, dass die mit der CO2-Kompensation finanzierten Projekte womöglich auch so realisiert würden, vermag ich nicht folgen. Wer sich die z.B. Atmosfair-Projekte anschaut, der wird feststellen, dass genau dies kaum der Fall sein dürfte. Im übrigen ist dieser Einwand etwa so schlagkräftig, wie die Entschuldigung eines Passagiers, das Flugzeug würde ja ohnehin fliegen.

    1. Ralph Diermann
      Ralph Diermann · vor 5 Jahren

      ...vielen Dank Euch Beiden für den Hinweis!

  5. Nutzer gelöscht
    Nutzer gelöscht · vor 5 Jahren

    zumindest atmosfair bezieht Non-Co2-Emissionen in sein Modell mitein.

    https://www.atmosfair....

    siehe Kapitel 4

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