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Kurator'in für: Fundstücke Kopf und Körper Klima und Wandel
Ich bin in Singen am Hohentwiel geboren und lebe in Potsdam. Schreibe Radiofeature für den Deutschlandfunk und für die Sender der ARD. Bin Mitgründer des Bremer Hörkinos. Seit nun fast 19 Jahren stellen wir in Bremen ein Radiofeature der Öffentlichkeit vor.
www.bremer-hoerkino.de
Der WDR wiederholt grad das ARD Radiofeature von 2019: „Übertherapie am Lebensende“. Zwei Jahre sind nach der Erstausstrahlung vergangen, aber es bleibt hoch aktuell. Die Autorin Martina Keller erzählt sachlich, recherchiert genau, lässt dabei Emotionen zu. Eine große Kunst, dieses existentielle Thema so zu erzählen, dass man bis zum Ende zuhören mag. Schon der Beginn des Radiofeatures zieht mich in Bann. Ein 58-jähriger Mann, der an Lungenkrebs leidet, zweifelt am Ende seines Lebens, ob es Sinn gemacht hat, den Einschätzungen seines Onkologen zu folgen:
„Diese Chemotherapie, die erste, war ohne Erfolg. Die zweite Chemotherapie war ebenfalls ohne Erfolg und die letzte Chemotherapie hat mich derart hingerafft, dass es mir heftig elend ging. Übelkeit, Erbrechen, ich konnte nichts mehr essen. Bis heute ist es so. (...) Bei meinem Onkologen hat es keine Alternative gegeben.“
Die Ex-Frau des mittlerweile verstorbenen Mannes erzählt, dass die vielen Chemo-Therapien am Ende wirklich keinen Sinn mehr gemacht hätten. Er hätte stattdessen die letzten Wochen seines Lebens besseres machen können, bspw. ein paar Tage in Spanien zu verbringen, wo er vermutlich so gern war. Das Gespräch grade mit ihm hat die Autorin sehr bewegt. Dies sagt sie im Interview zum Feature vor kurzem der WDR-Redakteurin Mona Ameziane:
„Es ist immer besonders, wenn man mit Menschen spricht, die am Ende Ihres Lebens sind (...) Das war wirklich ein Mann, der stand in seinen letzten Lebenswochen und er hat sich trotzdem bereit erklärt mit mir zu sprechen. Das war auch im Nachhinein das Bewegendste bei dieser Recherche.“
Wir erfahren in diesem Feature, dass es mehrere Untersuchungen gibt, die eindeutig zeigen, dass Chemo-Therapien in den letzten Wochen vor dem Tod mehr schaden als nutzen würden. Es wird beim Hören klar, dass wir die Auseinandersetzung zu diesem Thema brauchen. Wenn es erst mal so weit ist, dann sind häufig Betroffene und ihre Angehörigen überfordert. Dann bestimmt die Ärztin oder der Arzt über die Therapien und das ist nicht immer gut. Der Palliativmediziner Andreas Lübbe berichtet darüber im Feature. Er hat viele Patientinnen und Patienten vor Augen, denen es dabei nicht gut gegangen ist. Zum Beispiel den 80-jährigen Mann mit Nierenkrebs. Er hatte nur noch wenig Zeit zum Leben:
„Der Patient ist operiert worden, der hat also praktisch nur noch eine Niere und insofern eine eingeschränkte Nierenfunktion, kann man sagen. Er entwickelte dann ein akutes Nierenversagen im Rahmen einer Entzündungsreaktion im Körper. Und statt dass man jetzt diesen Patienten, der im ganzen Körper Metastasen hatte, und ein chronisches Nierenversagen schon mit sich brachte, statt ihn nun sterben zu lassen, entschied man sich zu einer Dialyse-Therapie.“
Manchmal würden Ärztinnen und Ärzte die verbleibende Lebenszeit falsch einschätzen, heißt es im Feature. Und sie haben mitunter auch andere Motive. Der Onkologe, der den Lungenkrebs-Patienten behandelte, hatte auch noch geschäftliche Interessen. Nach Kellers Recherchen hat er 2015 mehr als 10.000 € von Pharmafirmen erhalten. Das erfuhr sie über die Datenbank "Euros für Ärzte" des gemeinnützigen Recherchezentrums Correctiv.
Eigentlich weiß man es, und doch wundert man sich, dass es oft nicht ernst genommen wird. Patientinnen und Patienten brauchen am Ende des Lebens Hingabe und Zeit für Gespräche. Doch unser Gesundheitssystem funktioniert so nicht, wie es der Onkologe Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, formuliert:
„Wir haben derzeit im Krankenhaus in Deutschland die Situation, dass immer weniger Personal sich um die Patienten kümmern kann, sei es Schwestern, Psychologen oder Ärzte. Das wichtige sind Gespräche, die sind zeitaufwändig, die sind im Klinikalltag häufig nicht mehr unterzubringen. Auf der anderen Seite werden sowohl im Krankenhaus als auch im ambulanten Bereich medikamentöse Therapien gut honoriert und das ist natürlich eine Gefahr, dass man dann medikamentöse Therapien einsetzt, mit denen man eindeutig mehr Geld verdienen kann.“
Ein wirklich gutes, journalistisches Stück. Es lohnt sich zuzuhören.
Quelle: Martina Keller wdr.de
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Alles nachvollziehbar für mich, sehe ich ganz genauso. In diesem Feature wird nicht die Lebensverlängerung durch Chemotherapien abgelehnt. Schon gar nicht, wenn es um Monate oder Jahre geht. Es geht nur darum, wenn es um wenige Tage oder wenige Wochen geht, und die Lebensqualität sich für die Patientinnen oder Patienten durch die Chemotherapie nicht besser, sondern schlechter wird. Der Schaden größer als der Nutzen ist. Das zu hinterfragen scheint mir Sinn zu machen.
Das ist zweifellos ein sehr wichtiges Thema. Auf der anderen Seite darf nicht vergessen werden, dass Chemotherapien durchaus lebensverlängernd wirken können. Bei mir wurde 2017 ein Lymphom diagnostiziert. Nach einer Operation und einer vergleichsweise erträglichen Chemotherapie sieht es so aus, als könnte ich noch ein paar Jahre beschwerdefrei leben. Gleichzeitig musste ich miterleben, wie eine Freundin ihre Brustkrebs-Therapie aus Ablehnung der "Schulmedizin" so lange hinausgezögert hat, dass sie ein paar Monate später gestorben ist. Dabei habe ich erfahren, dass nicht nur die Schulmedizin mit dem Krebs Geld verdient (was ich durchaus für legitim halte), sondern auch unseriöse "Alternativmediziner", dies aber ohne jede wissenschaftliche Grundlage und ohne, dass ihre Arbeit kontrolliert wird; eigentlich sollte auch hiervor gewarnt werden.
Vielen Dank für diesen piq. Ich habe vor kurzem eine Begegnung für mein Buch aufgeschrieben, die ich in einem kurzen Ausschnitt gerne wiedergebe. Denn sie passt genau zum Thema.
Ich saß damals im Taxi und unterhielt mich mit dem Fahrer. Dieser finanzierte mit nächtlichem Taxifahren in München sein Leben und das seiner Familie. Doch das war nicht immer so, früher war er Arzt, tätig in der Onkologie.
Auf meine Frage, was ihn zum Wechseln des Jobs geführt hat, antwortete er: „Das medizinische System in Deutschland dient nur noch dem Profit.“ Immer wieder erlebte er, dass einem todkranken Menschen eine Chemotherapie „aufgedrängt“ wurde, obwohl alle medizinisch Bewanderten wussten, dass sie nicht mehr helfen würde. Doch die hohen finanziellen Einnahmen, die die Klinik dadurch hatte, waren wichtiger als menschliche Faktoren. „Irgendwann wollte und konnte ich das nicht mehr unterstützen und bin ausgestiegen. Ich sage es deutlich: Die Schulmedizin ist nicht zum Heilen da. Sie kann nur reparieren“, endete er.