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Das Personal im Gesundheitswesen ist im Umgang mit medizinischen Problemen geschult. Auf die emotionalen Herausforderungen, die gerade Menschen mit schweren Krankheiten betreffen, sind sie oft weniger gut vorbereitet. Zu lernen, wie man die Lebensqualität in die medizinische Versorgung einbezieht, kommt den Patienten zugute und kann außerdem helfen, Burn-out beim Personal zu verhindern.
Kseniia Shapoval ist Programmmanagerin für öffentliche Gesundheit bei der International Renaissance Foundation.
KIEW – Als die Ukraine von COVID-19 heimgesucht wurde, befand sich Stepan Karabinyosh, der Spezialist für Infektionskrankheiten, im Zentrum der Krise. Bei seiner täglichen Arbeit auf der Intensivstation stellte Karabinyosh fest, dass seine medizinische Ausbildung ihn zwar auf die praktischen Schwierigkeiten bei der Behandlung seiner Patienten vorbereitet hatte, nicht aber auf die emotionale Herausforderung, einer wachsenden Zahl von Patienten mitteilen zu müssen, dass sie sterben und ihre Angehörigen aufgrund der Ansteckungsgefahr höchstwahrscheinlich nicht wiedersehen würden.
Doch anders als viele seiner Kolleginnen und Kollegen war Karabinyosh für diese Erfahrung besser gerüstet. Er hatte eine Zusatzausbildung in Palliativmedizin absolviert – ein multidisziplinärer Ansatz zur Optimierung der Lebensqualität von Patienten bei schweren und tödlichen Krankheiten.
Karabinyosh lernte die Notwendigkeit einer Ausbildung in Palliativmedizin auf die harte Tour kennen. Zu Beginn seiner Laufbahn fühlte er sich von der Belastung durch den Umgang mit schwerkranken Patienten überfordert. Obwohl er wenig Zeit zum Essen hatte, nahm er an Gewicht zu. Er hörte auf, mit Freunden und Familie zu sprechen und tat nichts anderes als zu arbeiten und zu schlafen.
Eines Tages, als er Röntgenbilder von einer Frau in den 70ern anfertigte, ergriff sie seine Hand und sagte: „Bitte tu etwas, mein Sohn. Ich liege im Sterben!“ In diesem Moment sah er seine eigene Mutter. Er wusste, dass er sie durch einen medizinischen Eingriff begleiten musste, den sie vielleicht nicht überleben würde, aber es fiel ihm schwer, dieses Gespräch zu führen. Ihm wurde bewusst, dass sich das ändern musste, wenn er weiterhin als Arzt arbeiten wollte.
Nach einer Weiterbildung in Palliativmedizin fielen ihm diese Gespräche leichter. Er sagt, die Schulung habe ihm geholfen, zu lernen, wie man aktiv zuhört, eine Beziehung aufbaut und Empathie entwickelt. Entscheidend ist, dass die Ausbildung in Palliativpflege ihm geholfen hat, die Person, die Unterstützung braucht, von der zu behandelnden Krankheit zu trennen. Die Fähigkeit, auf die Ängste der Patienten einzugehen, war besonders in den ersten Tagen der Pandemie wichtig, als noch nicht feststand, wie man am besten mit COVID-19 umgeht und die medizinischen Möglichkeiten begrenzt waren.
Die Palliativmedizin trägt auch dazu bei, einen Raum für Gespräche über den Tod zu schaffen, wenn alle medizinischen Möglichkeiten ausgeschöpft sind. Patienten und ihre Angehörigen sind sich oft nicht über den Verlauf von Krankheiten im Klaren. In solchen Fällen soll die Palliativversorgung ihnen helfen, die Prognose zu verstehen und sie besser auf das Lebensende vorzubereiten.
Obwohl die Ausbildung in der Palliativpflege meist mit der Verbesserung der Lebensqualität von schwerkranken und unheilbar kranken Patienten assoziiert wird, umfasst sie auch Techniken zur Unterstützung von Mitarbeitern des Gesundheitswesens bei der Bewältigung der emotionalen Belastung am Arbeitsplatz. Sie enthält Empfehlungen zur Selbstfürsorge und psychologischen Unterstützung, insbesondere für medizinisches Personal, das regelmäßig mit sterbenden Patienten oder sogar mit dem unerwarteten Verlust von jüngeren Patienten zu tun hat.
Diese Art von Unterstützung ist heute mehr denn je erforderlich. Während der Pandemie war das Gesundheitspersonal einem noch nie dagewesenen Stress ausgesetzt. Die Raten von Burn-out, Depressionen und Angstzuständen unter Ärzten, Krankenschwestern und Arzthelfern sind explodiert. Ein Experte stellte in der medizinischen Fachzeitschrift The Lancet fest, dass die Belastung des Berufsstandes nicht nur die Erholung von der Pandemie behindert, sondern auch die globale Gesundheitsversorgung im Allgemeinen gefährdet.
Für Krankenhäuser, die ohnehin schon unterbesetzt sind, ist es wichtig, erfahrenes Personal vor Ort zu halten. Meine Kolleginnen und ich haben beobachtet, dass in diesem Bereich Mitarbeiter des Gesundheitswesens mit einer Ausbildung und Erfahrung in der Palliativversorgung besser darauf vorbereitet sind, diese Herausforderungen zu meistern und einen Burn-out zu vermeiden.
Viele Organisationen, darunter auch meine eigene, die International Renaissance Foundation, unterstützen Initiativen, um mehr Mitarbeitende des Gesundheitswesens in Palliativmedizin fortzubilden. Mit Unterstützung des Palliativpflegeteams des Iwano-Frankiwsk-Zentrums und der Mutter-Teresa-Stiftung haben wir kostenlose Online-Webinare über Trauer und Verlust für Mitarbeitende des Gesundheitswesens eingeführt. Außerdem haben wir drei praktische Kurse für medizinisches Personal durchgeführt, das während der Pandemie im Einsatz war. Das Programm umfasste psychologische Schulungen, Gruppen- und Einzelgespräche mit einem Psychologen und einem Seelsorger, Gebete, virtuelle Rundgänge und Kunstprogramme. Mehr als 50 Mitarbeiter des Gesundheitspersonals nahmen an den Kursen teil, und alle stellten eine Stabilisierung ihres psychisch-emotionalen Zustands und bessere Schlafmuster fest.
Um auf künftige Pandemien vorbereitet zu sein und generell eine bessere Versorgung zu gewährleisten, muss jedoch noch viel mehr getan werden. Die Palliativversorgung sollte vollständig in die Krankenversicherung integriert und zu einem Standardbestandteil der Ausbildung werden. Medizinisches Personal sollte Praktika in der Palliativmedizin absolvieren, um praktische Erfahrungen zu sammeln. Bei der Neubewertung der Gesundheitsversorgungsstrategien im Lichte von COVID-19 sollte die Palliativversorgung als wesentlicher Bestandteil des therapeutischen Prozesses anerkannt werden.
Übersetzung: Andreas Hubig
Quelle: Kseniia Shapoval Bild: piqd | Project Sy... www.project-syndicate.org
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