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Zeugnisse, Zertifikate & Co. versus Diagnostik im Bewerbungsprozess

Gabriela Westebbe
Diplom-Kauffrau, Wirtschaftspsychologin, Bildungsexpertin mit Blick auf das Ganze
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Gabriela WestebbeMittwoch, 16.05.2018

Wer erinnert sich noch an die Diskussion um die genderneutrale Bewerbung? Die Diskriminierung von Bewerber*innen aufgrund von Geschlecht, Aussehen und Herkunft sollte durch Verzicht auf Fotos, Namensangaben, Lebenslauf usw. reduziert, der Bewerbungsprozess objektiviert und die offene Stelle mit der bestgeeignetsten Person besetzt werden.

Heute stellt sich die Situation anders dar. Wir haben weltweit Bewerbermärkte, d. h. es findet überall ein Wettrennen um die fähigsten Mitarbeiter*innen statt. Selektionsprozesse von Schulen und Universitäten sind v. a. für die global-tätigen Konzerne schon seit Längerem irrelevant geworden. In diesen Unternehmen, die in den meisten Fällen bereits auch mehrere Transformationsprozesse und damit Umschulungswellen hinter sich haben, setzt man heute auf Eignungs-Diagnostik mit Schwerpunkt Kognition und Kreativität. Man muss dort einen objektiven Online-Test bestehen, will man einen ersten Fuß in die „Stellentür“ bekommen.

Dahinter steht die Erkenntnis, dass vor allem die „verborgenen“ und informell erworbenen Fähigkeiten und Kompetenzen für den zukünftigen Arbeitgeber die entscheidende Rolle spielen und nicht Noten in Zeugnissen, die den Erwerb von Wissen bescheinigen, welches in kürzester Zeit veraltet oder vergessen ist.

Wichtige Fragen, die in diesem Zusammenhang aber auftauchen, sind die Transparenz der Prozesse und die Autonomie der Bewerber*innen. Das ist der Anknüpfungspunkt an meine Einführung zur genderneutralen Bewerbung, die damals ein Stück weit diesen Forderungen entgegenkommen wollte. Online-Tests sind Black-Boxes für die meisten Bewerber*innen. Sie werden gemacht, weil man den Job möchte. Wo aber werden diese sehr persönlichen Daten gespeichert, wo werden diese weiter eingesetzt, mit welchen anderen Daten kombiniert? Diese Vorgänge müssen laut DSGVO genau beschrieben und zugänglich gemacht werden. Aber, wie transparent werden sie wirklich? Und welchen Einfluss kann der/die Datengeber*in nehmen?

Zeugnisse, Zertifikate & Co. versus Diagnostik im Bewerbungsprozess

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Kommentare 2
  1. Werner Müller
    Werner Müller · vor mehr als 6 Jahre

    Ein mir bekanntes KMU macht das jetzt so: Alle Interessierten durchlaufen ein mind. 4-wöchiges Praktikum im Betrieb. Über die Vergabe der Ausbildungsplätze entscheiden allein die Fachkräfte, die mit den Bewerbern zusammen gearbeitet haben - und die Ausbildung begleiten werden.
    Zeugnisse, Bewerbungsschreiben o.ä. spielen dabei keine Rolle.
    Die Erfahrungen mit diesem einfachen Verfahren sind sehr gut.

    1. Gabriela Westebbe
      Gabriela Westebbe · vor mehr als 6 Jahre

      Ich halte das auch für ein sehr gutes Verfahren - für beide Seiten. Beim Lernen und Arbeiten muss die "Chemie" stimmen. Auch haben Bewerber manchesmal unrealistische Vorstellungen von einem Beruf, ein längeres (!) Praktikum kann hier nützlich sein. Wichtig ist, diese Erfahrungen auch zu reflektieren.

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