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Kurator'in für: Klima und Wandel Fundstücke
Ole hat für die Bertelsmann Stiftung die internationale Blogger-Plattform Futurechallenges.org aufgebaut und beschäftigt sich dort nun mit den Wechselwirkungen von Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Er ist Co-Founder der Menschenrechtsplattform www.futurechallenges.org und befasst sich mit der Fragen der Globalisierung, der Zukunft der Arbeit und mit den Wechselwirkungen von Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Er schreibt auch auf www.netzpiloten.de, ist u.a. als selbständiger Berater zu digitalen Trends tätig und ist im Beirat des Colab_Digital aktiv. Alle hier geposteten Texte geben ausschließlich seine private Meinung wieder.
Das Zeitalter der Konzentration auf das Konzept des BIP (Bruttoinlandsprodukt) als alleinige Steuerungsgröße für Politik geht langsam dem Ende entgegen. Das Konzept ist eindimensional, es belohnt nicht nachhaltige Verhaltensweisen wie Krieg, Ausbeutung, Verschwendung, Überkonsum, denn diese Verhaltensweisen lassen das BIP steigen. Es ist vollkommen offensichtlich, dass das Konzept zum Problem geworden ist. Das Denken über Alternativkonzepte hat glücklicherweise – wie es auch die Tatsache zeigt, dass es sich um einen BBC-Podcast handelt – inzwischen die Öko-Nische verlassen und ist zum Teil des volkswirtschaftlichen Mainstreams geworden.
In der Schnittstelle zwischen Politik und BIP-Logik ist die Tragik dieses eindimensionalen Konzepts, dass gerade die Einfachheit das Nachdenken über Alternativen verhindert. So kommt es, dass wir seit Jahrzehnten versuchen, die Politik nach der Zahl auszurichten, statt die Realität im Sinne der Menschen zu verändern, wie es einer der interviewten Experten im Podcast formuliert.
Entscheidend ist, zu verstehen, dass die Umwelt einen (ökonomischen) Wert hat, um Raubbau an der Natur ökonomisch bewerten zu können, mit einem Preisschild zu versehen und das Verhalten der Menschen zu beeinflussen. Die Herausforderung ist es, den passenden Bewertungsmechanismus zu finden. Trotz aller Probleme der passenden Bewertung ist aber eine Bewertung grundsätzlich besser als das gegenwärtige Vorgehen, 0 € auf das Preisschild für den Raubbau an der Natur zu schreiben. Grundsätzlich wissen wir, wie der Wert der Natur in die Logik des Kapitalismus eingebaut werden könnte. Es fehlt aber ganz einfach der politische Wille dazu.
Wachstum und BIP sind zu einer Art Religion geworden, die dazu führt, dass wir nicht nachhaltig handeln und über diese fehlende Nachhaltigkeit auf Entscheider-Ebene auch nicht groß nachdenken, so einer der Experten.
Eine Frage lässt der Podcast jedoch offen: Könnte die Bewertung natürlicher Ressourcen zu einem Überleben des BIP-Konzepts führen und wäre dies wünschenswert?
Was meint ihr?
Quelle: BBC Bild: BBC EN www.bbc.co.uk
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Das BIP-Konzept schädigt doch nicht das Klima. Kein Indikator kann das. Und kein Indikator kann das Klima schützen. Ein Konzept/Indikator belohnt oder bestraft auch nicht. Ein Indikator mißt was er messen soll und kann. Es sind immer die Menschen und ihre Gesellschaften, die interpretieren. Eine komplexe Gesellschaft nur nach einem Indikator zu bewerten ist allerdings Unsinn. Und so wird die Politik eben nicht allein nach dem BIP ausgerichtet sondern nach allen möglichen Meßlatten. Nicht zuletzt der CO2-Reduktion, den Sozialausgaben, den Arbeitsmarktzahlen, der Inflation usw..
Danke für die Empfehlung. Der BBC-Podcast zeigt anschaulich die Komplexität des Problems. Gut finde ich, dass auch Vertreter der Dritten Welt zu Wort kommen.
Wird das BIP-Konzept überleben und wäre dies wünschenswert? Meine Einschätzung (nach aktuellem Erkenntnisstand) geht aus www.piqd.de/volkswirts... und der Diskussion dazu hervor. Der dort verlinkte Hauptartikel führender UN-Umweltstatistiker (10/2021) erzählt die längere Vorgeschichte und die Probleme der Akzeptanz durch die Politik. Auch dürfte dieser deutschsprachige Beitrag einem breiteren Kreis der Piqd-Nutzer’innen zugänglich sein – das Angebot zu diesem Thema ist rar.
Die Statistiker sind schon drei Jahrzehnte mit der Weiterentwicklung des Systems Umweltökonomischer Gesamtrechnungen (UGR) befasst, jetzt scheint sich ein Durchbruch abzuzeichnen. Was wird die Politik damit anfangen? Schwierig ist schon der Aufbau der Datenbasis. Entwicklungsländer benötigen hierbei Unterstützung sowie – umso mehr – Incentives, die zunehmender Umweltbelastung und -zerstörung entgegenwirken können. Das gibt es bereits (laut Podcast bspw. durch Norwegen und Frankreich), jedoch sind die Leistungen ein Tropfen auf den heißen Stein, wie die Moderatorin bemerkt. Derzeit entziehen wir diesen Ländern potentielle Nahrungsmittel für unseren Biokraftstoff.
Viele Seiten wirtschaftlicher Umweltschäden werden kaum erfassbar oder nur schwer schätzbar sein. Im Podcast klangen Gesundheitsschäden an: Der Mensch als Teil der Natur – wieviel Wirtschaftsaktivität (Medizin, Pharmaindustrie) dient eigentlich nur der Behebung von Sekundärfolgen anderer menschlicher Tätigkeiten?
Allen, die tiefer in die aktuellen Entwicklungen einsteigen möchten, sei dieser Aufsatz von Sven Kaumanns und Simon Schürz, beide Statistisches Bundesamt, empfohlen: www.destatis.de/DE/Met...
Moin,
zunächst ein sprachlicher Hinweis: Ich musste den folgenden Satz drei Mal lesen, bevor mir klar war, auf was das "nicht" sich bezieht: "Das Konzept ist eindimensional, es belohnt nicht nachhaltige Verhaltensweisen wie Krieg, Ausbeutung, Verschwendung, Überkonsum, denn diese Verhaltensweisen lassen das BIP steigen." - Da hätten schon e Komas oder zumindest ein Bindestrich zwischen nicht und nachhaltige das Lesen erleichtert.
Zudem wird hier aus dem "BIP" ein Popanz erzeugt. Dem BIP ist es vollkommen egal, ob man Kriege oder Ausbeutung und (wie will man das stoppen?) bewertet oder einen Preis für die Umwelt einbaut, so wie zB in die Preise der Erzeugnisse der "CO2-Preis" der Fall ist. Der BIP ist ja nur die Maßzahl für die Erzeugnisse und Dienstleistungen in einer Volkswirtschaft, unabhängig davon, welche Dienstleistungen und Erzeugnisse diese Volkswirtschaft erwirtschaftet. Die Bepreisung von Natur - sofern man sie messbar mit Preisen operationalisieren kann - ist kein Problem für den BIP. Damit sind keine "Alternativen" per se ausgeschlossen. So sind zB auch Verpackungen des Grünen Punkts bepreist.
Wachstum sind ebenso wie wirtschaftliches Handeln keine "Religion" - schon die Aussage ist ideologisch. Wir brauchen Wachstum, um die Mittel zu erwirtschaften, die in technologische Produktionslinien einfließen, um umweltschonende Produkte zu erzeugen. BIP ist eine neutrale Maßzahl und keine Religion! Ohne Wachstum, Kapital und Innovationen ist das unmöglich - und ich glaube auch nicht, dass die Deutschen, obwohl sich viele so geben, demnächst, wenn es konkret würde, wieder auf Bäumen leben wollen.