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Studium der Philosophie, Politikwissenschaft und Geschichte in Freiburg und Paris, Promotion in Frankfurt am Main. Er lehrt Politische Theorie und Ideengeschichte an der Universität Siegen und lebt als freier Autor und Dozent in München. Radiobeiträge für Bayerischer Rundfunk, Deutschlandfunk und Südwestrundfunk, Artikel unter anderem für Blätter für deutsche und internationale Politik, Der Freitag, Jungle World, Telepolis.
Jüngste Buchveröffentlichungen: Richtig falsch. Es gibt ein richtiges Leben im falschen (2019); Kulturarbeit. Progressive Desillusionierung und professionelle Amateure (2022)
Das fast komplett im Digitalmodus abgehaltene universitäre Sommersemester wirft ein paar grundsätzliche politische Fragen über die Organisation der höheren Bildungsanstalten auf. Sie werden leider bisher nicht an den Universitäten diskutiert, da auch diese sich, wie die Staaten insgesamt, noch immer in einem undemokratischen Ausnahmezustand befinden, der demokratische Debatten erstickt.
Die Dimension dessen, was hier geschieht, ist den meisten kaum bewusst:
Sollte sich der Eindruck durchsetzen, dass die Hochschullehre ohne schwerwiegende didaktische und pädagogische Verluste auch im Digitalmodus organisiert werden kann, steht die gesamte personelle Infrastruktur von analoger Hochschullehre und analogen Bibliotheken zur Disposition.
Die ohnehin schon hoch prekären Beschäftigungsverhältnisse an den Universitäten könnten sich unter dem zukünftigen Kostendruck (der zum einen aus zurückgehenden Steuereinnahmen, zum anderen aus den immensen Investitionen der Hochschulen in digitale Infrastrukturen wie Zoom resultiert) nochmals verschlechtern.
Mit der Infragestellung der Präsenzlehre ist eine ganze Welt des Lernens und der Gemeinschaft von Lehrenden und Lernenden in Frage gestellt. Damit ist nicht nur ein unermesslicher kultureller Verlust verbunden, sondern auch eine unbarmherzige Logik der sozialen Exklusivität, wie auch ein aktueller Beitrag aus den USA über E-Learning oder Distributed learning zeigt:
"The idea that distributed/digital learning makes things available that were otherwise closed off, and that with some guidance can all be managed in low-cost, custom-tailored, online environments, speaks to the general dismemberment of community in contemporary culture. The new era of “distributed learning”—sited at the intersection of digital capitalism and disaster capitalism—will only weaken the communitarian value of learning as it moves down from professional education to the university, high school, and eventually grade school. It will not open the world to new possibilities, but reformat it—as the basic relationship between knowledge and power has always done—around those with more privileged access and those with less. Distributed learning might make learning even less distributed than ever before."
https://www.e-flux.com/architecture/education/324246/distributed-learning/
Der Autor dieses piqs hat als einer der ganz wenigen in Deutschland vor 10 Tagen einen Teil eines Blockseminars an einer deutschen Hochschule abgehalten, und musste dies dann auf Anweisung des Rektorats beenden. In diesem Zusammenhang hat er umfangreiche Diskussionen mit den Studierenden geführt, die sehr frustriert sind über die Digitallehre. Er ist insofern ganz persönlich betroffen von einer dramatischen Situation, die sich, so wie es im Moment aussieht, mit der absehbaren Fortsetzung des Digitalmodus im kommenden Wintersemester verfestigen könnte. Es könnte im schlimmsten Fall das Ende der Universität als Gemeinschaft von Lehrenden und Lernenden sein. Im glücklichen Fall gelingt uns eine demokratische Debatte über die Idee der Hochschule und die Frage, wie wir die gelebte Utopie des gemeinsamen Forschens und Lehrens vor neoliberaler Sparpolitik und der nivellierenden und sozial ungerechten Macht des Digitalkapitalismus bewahren.
Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH faz.net
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