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Verweigerte staatliche Soforthilfen für Soloselbständige: Hoffnung auf Grundeinkommen?

Michael Hirsch
Philosoph und Politikwissenschaftler, freier Autor und Dozent
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Michael HirschMittwoch, 29.04.2020

Es gibt eine stärkerwerdende politische Debatte über die erst lauthals angekündigten, dann aber faktisch größtenteils vorenthaltenen staatlichen Soforthilfen für die geschätzt 2,2 Millionen (vermutlich aber weit zahlreicheren) Soloselbständigen in Deutschland. Für die meisten dieser Selbständigen, die im Kulturbereich, aber auch in anderen Dienstleistungssparten tätig sind, bedeutet der aktuelle Lockdown den sofortigen Ausfall der meisten Einkünfte – im Gegensatz zu den Festangestellten, die über das Kurzarbeitergeld abgesichert sind.

Der Beitrag beleuchtet ein systematisches Problem des deutschen Sozialstaats: die bisher noch nie systematisch beachtete, in den meisten Fällen sehr prekäre Lebensrealität von Künstlern, Schauspielern, Musikern, Schriftstellern, Autoren und anderen Freischaffenden, die bisher durch die Maschen des Sozialstaats fallen. Viele von ihnen finanzieren ihre Berufe durch Nebentätigkeiten und Teilzeit-Gelegenheitsarbeiten aller Art, bei denen sie in der aktuellen Wirtschaftskrise ebenfalls unter Druck geraten.

Der Konstruktionsfehler der aktuell von den Regierungen gewährten Hilfen liegt darin, dass

"die nicht zurückzahlbaren Unterstützungen der Corona-Hilfe nur für Liquiditätsengpässe bei den Betriebsausgaben ausgezahlt werden, nicht aber für "Gewinne". Mit Gewinnen sind ausbleibende Honorargelder gemeint."

Der politisch brisante Aspekt dieses Problems liegt darin:

All diese Soloselbständigen sind eigentlich ganz normale Lohnarbeiter und Lohnarbeiterinnen, die infolge der staatlich verordneten Schließungen ihren Lebensunterhalt verlieren und genauso wie alle anderen Lohnarbeiter Überbrückungsgeld benötigen.

In der aktuellen Situation aber werden diese Menschen zum größten Teil auf den Gang zum Sozialamt verwiesen. Dies ist das zweite politisch brisante Phänomen: In der Krise machen die vermeintlich Selbständigen und vermeintlich nicht sozial Schwachen die identischen Erfahrungen wie alle anderen Arbeitslosen und geringfügig Beschäftigten: die Erfahrung der bürokratischen Monstrosität und menschlichen Demütigung durch den Hartz-IV-Sozialstaat. Wir stellen nun fest: Es hätten

"in der Cornona-Krise 90 Prozent der freien Kulturschaffenden Anspruch auf Grundsicherung. Aber nur 17 Prozent wollen es mit der "Schmach" und der "Erniedrigung" durch die Jobcenter vielleicht mal versuchen, so VGSD-Vorsitzender Andreas Lutz. Vor allem bemängelt diese selbständige Berufsgruppe, die zu 99 Prozent nie vorher Kontakt mit dem Sozialstaat hatte, zu Recht die krasse Ungleichbehandlung zur Kurzarbeit."

Über die Kritik an dieser besonderen Form der Ungleichbehandlung hinaus stellt sich daher eine grundsätzliche Frage: Sollte nicht generell die bürokratische Monstrosität des Hartz-IV-Sozialstaats abgeschafft und durch ein allgemeines Grundeinkommen ersetzt werden? Es wäre heute jedenfalls der richtige Moment, eine neue volkswirtschaftliche Gesamtrechnung aufzumachen und endlich die irrsinnigen Kosten der Sozialstaats mit ihrer Antrags- und Überwachungsbürokratie zu benennen, die wesentlich höher sind als diejenigen Kosten, die entstehen, wenn sozial verwundbare Menschen einen sozialen Pauschalbetrag erhalten. Vielleicht ist es Zeit, dass die vermeintlich "höheren' kulturellen Arbeiter sich mit den vermeintlich ganz "normalen" Lohnabhängigen zusammenschließen und für dasselbe Recht auf eine gesicherte und würdevolle soziale Existenz kämpfen.

Verweigerte staatliche Soforthilfen für Soloselbständige: Hoffnung auf Grundeinkommen?

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