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Unpiq: Germany first? Soll Deutschland in Europa führen?

Hauke Friederichs
Journalist und Autor
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Hauke FriederichsMittwoch, 15.08.2018

Seitdem die Vereinigten Staaten unter Präsident Trump unberechenbar sind, Russland seine Geopolitik mit Annektionen betreibt und immer mehr Staaten wie Afghanistan, Irak und Syrien instabil werden, seitdem wird der Ruf nach einem starken Europa laut. Die EU soll eine stärkere Rolle in der Welt einnehmen, so lauten Forderungen, die nicht nur in Brüssel erhoben werden. Allen internen Problemen zum Trotz. Doch wer soll die EU also führen? Die Briten ziehen mit dem Brexit davon. Frankreich kann dieses Vakuum nicht alleine füllen. Und Deutschland?

Heribert Dieter, Gastprofessor für internationale politische Ökonomie an der Zeppelin-Universität Friedrichshafen, geht der Frage nach, ob Deutschland stärker führen sollte, wer das überhaupt möchte und wie das im politischen Berlin und auch in Europa gesehen wird.

"Seit einigen Jahren wird in Europa immer wieder die Forderung nach einer stärkeren Führungsrolle Deutschlands erhoben", schreibt Dieter in der NZZ. Doch die Bundesrepublik will eigentlich gar nicht führen. Oder? Der Beziehungsstatus zwischen Berlin und Brüssel: "Es ist kompliziert"

"Der damalige polnische Außenminister Radoslaw Sikorski stellte 2012 fest, Deutschland sei der größte Nutznießer der europäischen Integration und müsse deshalb in Krisenphasen stärker Verantwortung übernehmen", schreibt Dieter. "Deutsche Politiker griffen diese Idee bereitwillig auf."

Doch heute wolle Europa nicht mehr von Deutschland geführt werden – die Flüchtlingspolitik made in Germany ist daran schuld. Einen Machtmissbrauch, ja sogar die "Arroganz der Macht" sieht Dietrich in der Politik Merkels zum Höhepunkt der Flüchtlingskrise vor drei Jahren. Die Grenzen zu öffnen und Migranten einzulassen, nennt er eine "Fehlentscheidung". 

Und weiter: "Die Bundesregierung hatte jahrelang die Forderungen Griechenlands und Italiens nach stärkerer Unterstützung bei der Bewältigung des Ansturms von Flüchtlingen ignoriert. Im September 2015 hingegen erklärte die Bundeskanzlerin, Deutschland müsse nun Herz zeigen und Flüchtlinge in großer Zahl aufnehmen."

Für Dieter hat Merkels "einsame Entscheidung" andauernde negative Konsequenzen. Deutschland sei deswegen tief gespalten und ringe "mit der Bewältigung der Flüchtlingswelle". Deutschland und die Bundeskanzlerin, die in Europa bis 2015 Macht und Einfluss besessen haben, verlören an Ansehen. "Angela Merkels Fähigkeit, strategische Entscheidungen zu treffen, wurde von ihren europäischen Kollegen zunehmend infrage gestellt", stellt der Politologe fest. Die Bundesrepublik gelte in Teilen der EU als "selbstsüchtiger Hegemon". Auch wegen der Exportüberschüsse und der Wirtschaftspolitik, die vor allem einem nützen: Deutschland.

Die Forderung des Experten: gut gemeinte deutsche Alleingänge müssten beendet werden: "Eine deutsche Vision von Europa, die keine Alternativen zum heutigen Zustand erprobt, wird zweifellos zu einer deutlichen Schwächung Europas führen."
Unpiq: Germany first? Soll Deutschland in Europa führen?

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Kommentare 3
  1. Achim Engelberg
    Achim Engelberg · vor mehr als 6 Jahre

    Warum soll das ein unpiq sein?

    Ich würde einiges anders gewichten, etwa wie Merkel/Schäuble Griechenland unterdrückten, aber das Fazit dieses Beitrag ist richtig. Oder was spricht gegen diesen letzten Absatz?

    "Die Botschaft der Europäer ist indes eindeutig: Kaum jemand möchte von Deutschland geführt werden, aber sehr viele Menschen in Europa glauben weiter an den Nutzen europäischer Kooperation im wechselseitigen Interesse. Eine deutsche Vision von Europa, die keine Alternativen zum heutigen Zustand erprobt, wird zweifellos zu einer deutlichen Schwächung Europas führen."

    1. Hauke Friederichs
      Hauke Friederichs · vor mehr als 6 Jahre

      Das Schöne ist doch, dass nicht alle Piquer derselben Meinung sind, sonst wäre es hier doch langweilig. Ich halte die These, dass Deutschlands Flüchtlingspolitik vor allem zum Ansehensverlust in Europa beigetragen hat, für falsch. Dein Hinweis auf die Finanzpolitik ist ja treffend. Ich habe vor 2015 in Südeuropa zum Thema Flüchtlinge recherchiert. Dort wurde Deutschland gerade vorgeworfen, seine eigenen Grenzen dichtzumachen. Deutschland war dafür berüchtigt, hunderte Flüchtlinge zurückzuschicken, weil sie bereits in anderen EU-Ländern erfasst worden waren. Das Öffnen der Grenzen war sicherlich nicht der Punkt. Ich übriges möchte auch nicht, dass Deutschland die EU führt, oder Frankreich oder ein anderes Land. Das EU-Parlament sollte führen, es ist schließlich die einzige Institution, die direkt demokratisch legitimiert ist.

    2. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor mehr als 6 Jahre

      @Hauke Friederichs Ich stimme Dir zu und kann Deine Beobachtungen bestätigen.
      Allerdings sehe ich keine Chance, dass das EU-Parlament in absehbarer Zeit führen kann. Deshalb stimme ich dem letzten Abschnitt des Artikels ebenso zu.

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