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Rammstein, die Wut, das Licht, die monstergroße Sonderbotschaft der deutschen Sprache

Christian Gesellmann
Autor und Reporter

Geboren 1984 in Zwickau, Studium der Politikwissenschaft, Geschichte und Germanistik in Jena und Perugia. Volontariat bei der Tageszeitung Freie Presse, anschließend zweieinhalb Jahre als Redakteur in Zwickau. Lebt als freier Autor in Leipzig und Bukarest. Quoten-Ossi bei Krautreporter.

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Christian GesellmannSonntag, 15.01.2017

"Das Projekt Rammstein entstand in den frühen Neunzigern in einem Probenkeller am Prenzlauer Berg, ein sonderbares Baby war das, gegründet von einer Horde Jungs, die die große Oper und den Konzeptrock mochten, die im Jazz, im Blues und in der Klassik geschult waren, die aber eine solche Wut hatten, dass westdeutscher Punk dagegen so gefährlich rüberkam wie, sagen wir, ein nicht gut besuchter Ostermarsch bei feinem Regen."

Ich könnte es mir einfach machen und sagen: Alles andere erfahrt ihr aus der Reportage. Die ist großartig. Aber das wäre ein Piq für Fans von Rammstein und diese Reportage ist mehr als das. Alexander Gorkow durfte für die Süddeutsche Zeitung (Link ist ohne Paywall) mit Rammstein, “diese monstergroße Sonderbotschaft der deutschen Sprache” auf USA-Tour gehen, obwohl die - zu Recht - die Schnauze voll von Journalisten hatten.

“Als die Nummer losging in der Presse, wir seien irgendwie rechts, weil Till das R rollt und wir archaisch aussehen, das war bitter. Rammstein haben keine rechte, sondern eine linke Geschichte. Wir haben uns von den Skinheads die Fresse polieren lassen – im Gegensatz zu all den Herrschaften, die in den Zeitungen bequem diesen hohen moralischen Ton führten und eigentlich ja ihre Ärsche nicht ausm Bürosessel kriegten.”, erklärt Gitarrist Richard Kruspe.

Aber Gorkow durfte mit, weil er Dinge versteht und weil er schreibt wie ein Künstler. Hier zum Beispiel über Sänger Till Lindemann:

“Er sieht ein bisschen traurig aus, wie einer, der aus der Unterwelt vorbeischaut. Dazu diese Stimme: wie sehr schlechtes Wetter. Hört er womöglich selbst Stimmen? (...) Lindemann ruft »Links, zwo, drei, vier« und marschiert, als hätte er unter jeder Arschbacke eine Batterie, er fragt dann diese vielen Amerikaner Abend für Abend: »Können Herzen singen? Kann ein Herz zerspringen? Können Herzen rein sein? Kann ein Herz aus Stein sein?«

Rammstein war die Wut in Person für eine ganze Generation und hat etwas Brutales geschaffen, das den Blick auf die Schönheit erst wieder frei gab. Gorkow hat das federleicht aufgeschrieben, ohne die Distanz zu verlieren. Wie nah er dabei an der Band war erfährt man auch aus den irren Details über die Bühnenshow, die eine halbe Million Euro kostet - pro Auftritt. Zum Beispiel, dass der Feuerstrahl aus den 50 Kilo schweren Eisenflügeln Till Lindemanns mit Lycopodium genährt wird. Das sind gemahlene Bärlappsporen, ein Naturprodukt. Elf Tonnen war die Jahresernte in China 2011. Vier Tonnen davon haben Rammstein aufgekauft. Diese Band hat ihre eigenen Maßstäbe.

Rammstein, die Wut, das Licht, die monstergroße Sonderbotschaft der deutschen Sprache

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Kommentare 2
  1. Jan Paersch
    Jan Paersch · vor fast 8 Jahre

    Eine der besten Musik-Reportagen in deutscher Sprache. Period.

    1. rüdiger dehnen
      rüdiger dehnen · vor fast 7 Jahre

      dann gefällt auch diese:http://www.sueddeutsch...

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