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Kurator'in für: Fundstücke Volk und Wirtschaft
Dr. Anja C. Wagner beschäftigt sich mit globaler Transformation im digitalen Wandel. Sie gilt als kreative Trendsetterin und bezeichnet sich selbst als Bildungsquerulantin. Inhaltlich kreist sie um User Experience, Bildungspolitik, Arbeitsorganisation und unserer Zukunft in einer vernetzten Gesellschaft. Mit dem Unternehmen FrolleinFlow GbR bietet sie heute Studien, Vorträge, Consulting und verschiedene Online-Projekte an.
In einem gemeinsamen Positionspapier von Bitkom, Deutscher Designer Club, Gesellschaft für Informatik, Rat für Formgebung und dem Verband deutscher Industriedesigner wird für neue, eigenständige Berufsbilder für Digitalisierung geworben. Damit soll (im Jahre 2021+) eine Antwort auf die Frage gelingen,
welche Berufe eigentlich die Digitalisierung gestalten und vorantreiben werden?
Die notwendigen Schlüsselkompetenzen für die Gestaltung der Digitalisierung gelte es zu kultivieren, damit die Wirtschaft auch weiterhin "die heute bewunderten Höchstleistungen" erbringen könne mittels passender Talente.
Als notwendige grundlegende Berufsbilder der Jetztzeit fordern sie:
- Digital Design als Berufsbild für »Gestalterinnen und Gestalter der Digitalisierung«
- Digital Engineering als Berufsbild für »Ingenieurinnen und Ingenieure der Digitalisierung«
- Data Science als Berufsbild für »Materialkundlerinnen und Materialkundler der Digitalisierung«
Um diese Berufsbilder zu etablieren, bräuchte es einen gesamtgesellschaftlichen Impuls aus Politik, Wirtschaft und Bildungswesen. Und etwas Marketing:
Deutschland hat das Potenzial, das Label »Made in Germany« durch neue eigenständige Berufsbilder in das digitale Zeitalter zu übertragen!
Na, bitte. Deutschland legt endlich los mit der ihr eigenen Überheblichkeit. Schließlich mündet das Plädoyer in einem bemerkenswerten Absatz:
Unsere etablierten Berufsbilder waren bisher maßgeblich für den Erfolg und den Wohlstand in Deutschland verantwortlich. Wir können es uns nicht leisten, auf schlagkräftige Berufsbilder der Digitalisierung zu verzichten. Wir müssen jetzt handeln, um einzigartige Kompetenzspektren zu schaffen, die wir für einen nachhaltig erfolgreichen Weg in das digitale Zeitalter dringend benötigen.
Nun gut, denkt man sich da. Darüber diskutieren wir ja schon lange. Wenn wir aber jetzt, im Jahre 2021, die traditionellen Hebel umlegen, um die gewünschten Berufsbilder zu schaffen, vergehen klassischerweise durchschnittlich 7 Jahre, bis ein solches akkreditiert und zertifiziert werden kann. Sind sie dann in ihrer curricularen Ausrichtung nicht bereits überholt?
Benötigen wir nicht vielmehr jetzt (!) eine personenbezogene Professionalität quer zu sämtlichen Disziplinen, die sich entlang der individuellen Stärken und Talente ausrichtet, denn normierte Berufsbilder? Bräuchte es dazu nicht eher eine gesamtgesellschaftliche digital affine Kultur und Infrastruktur, die ein vernetztes Leben selbstverständlich ermöglicht? Und schließlich, bräuchten wir dazu nicht eher bestimmte individuelle Fähigkeiten und Fertigkeiten, die je nach Bedarf auf die akut anfallende, zeitgeschichtliche Problematik reagieren helfen?
Die digitale Transformation basiert auf agilen Praktiken und vernetzten Datenmustern, die sich global verstärken und lokale Reflexionen bzw. digitale Netzwerkschlaufen innerhalb der umgebenden Kultur benötigen. Traditionelle Berufsbilder zählen dazu aus meiner Sicht nicht mehr. Warum sollte sich alles ändern, nur das Bildungssystem nicht? So meine Argumentation in meinem neuen Buch "Berufen statt zertifiziert. Neues Lernen, neue Chancen", erscheint im April 2021 (hier die Verlagsseite und hier bei Amazon vorbestellbar).
Quelle: Frank Termer www.bitkom.org
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Liebe Anja, vielen Dank für diesen sehr erfrischenden Kommentar zu dem Bitkom Positionspapier, das mir ebenfalls bereits mit seiner doch etwas vertikalen Sichtweise aufgefallen war. „ personenbezogene Professionalität quer zu sämtlichen Disziplinen, die sich entlang der individuellen Stärken und Talente ausrichtet, denn normierte Berufsbilder“ —> das ist genau eines der wichtigen Aspekte, wenn es darum geht, Menschen für ein digitales Zeitalter zu professionalisieren.
Ich würde sogar noch einen Schritt weiter gehen und herausarbeiten wollen, welches Mindset auf allen Ebenen in Eier „gesamtgesellschaftliche digital affine Kultur und Infrastruktur“ benötigt wird, um sie human weiterzuentwickeln.
Meine persönliche Geschichte hat mir zumindest gezeigt, dass meine Klarheit, die ich zu Beginn meines Mathematik-Studiums hatte, maximal Fähigkeiten zu erlernen aber niemals einen Beruf, mir die Freiheit gelassen hat, mich immer wieder neu aufzustellen (manchmal auch zu erfinden) und damit meinen Beruf immer wieder neu zu definieren. Und diese Freiheit gilt es aus meiner Sicht als Denkmuster sehr früh in die Ausbildung zu integrieren.
Ihr Buch ist vorgemerkt und ich wünsche mir, dass es auch bald in digitaler Form erscheint :-).
äh - was denn nu: individuelle Fertigkeiten und Fähigkeiten oder neues Bildungssystem und keine traditionellen Berufe? Der Piqder lehnt zunächst oben im Text den Ansatz neue Berufsbilder ab um dann im vorgestelltem eigenen Buch doch darauf zu kommen?