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Kurator'in für: Fundstücke Zeit und Geschichte
Seit der ersten Stunde als Kurator bei Forum dabei: Dirk Liesemer arbeitet als Journalist für Magazine wie mare und G/Geschichte. Er hat Politik, Philosophie und Öffentliches Recht studiert, die Henri-Nannen-Journalistenschule besucht, immer mal wieder in Redaktionen gearbeitet und ehrenamtlich eine Reihe von Recherchereisen mitorganisiert und begleitet. Bisher fünf Bücher, darunter "Café Größenwahn" (2023), ein Ausflug zu den großen Kaffeehausliteraten des Fin de Siècle. Foto: Andreas Unger
Wer glaubt, dass die Menschen im Osten konsequent vom Westen benachteiligt werden, sollte sich diese einstündige Gesprächsrunde anhören. Anlass sind natürlich die anstehenden Wahlen in Sachsen und Brandenburg. So weist gleich einmal der Historiker Michael Lühmann, der am Institut für Demokratieforschung der Universität Göttingen forscht, darauf hin, dass die Menschen in Sachsen vielleicht einmal über ihr Wahlverhalten seit 1990 nachdenken sollten. Im Freistaat wurde nämlich ununterbrochen die CDU in die Regierung gewählt. Auch Frank Richter, der ehemalige Direktor der Landeszentrale für politische Bildung in Sachsen, sieht dieses Problem der falschen Adressierung. Viele Probleme seien hausgemacht und hätten mit der Wiedervereinigung nichts zu tun. Man denke etwa an den Niedriglohnsektor. Im Einzelnen, sagt Richter, möge es immer Gründe für die Unzufriedenheit geben, in der Summe könne er sich den geballten Frust nicht erklären. Klar wird auch noch mal, dass es sich vor allem um eine bestimmte Gruppe handelt, von der die Probleme ausgehen: Männer um die fünfzig Jahre. Was also tun? Wirtschaftliche Maßnahmen reichten nicht, ist sich die Runde einig, wichtiger seien bessere Bildung und politische Kulturarbeit. Übrigens stammen alle Diskutanten aus dem Osten, was offenbar zu einer Zugangsvoraussetzung zu derartigen Runden geworden ist. Und nicht zu vergessen: die engagierte Diskutantin Anja Maier von der taz, die übrigens für die Unzufriedenheit einige gute Gründe sehen kann.
Am liebsten hätte ich hier übrigens einen anderen Beitrag gepiqd, der aber nur mittelbar erklärt, was in Sachsen los ist und nicht zur "Seite Eins" passt: Alexa Hennigs großartiges Feature: Süße Krankheit Elbhang. Eine Milieustudie des gut situierten, sich distinguiert gebenden Dresdner Bürgertums. Die politischen Erschütterungen der vergangenen Jahre zeigen sich dort in besonderer Weise und die Menschen haben neue Foren etabliert, um ihre heftigen Konflikte erfolgreich oder jedenfalls zivilisiert auszutragen.
Quelle: Moderation: Christine Heuer Bild: imago/ Müller-Sta... deutschlandfunk.de
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Ach ja, so lange es zB einen gesetzlichen Mindestlohn für den Westen und für den Osten gibt, Führungspositionen in Wirtschaft, Politik, Justiz, Wissenschaft, Bildung und Kultur mehrheitlich bis zu 100% mit Westdeutschen besetzt sind, ostdeutsche Bundesländer als "Niedriglohnparadiese" für Investoren von der Politik angeboten werden, 30 Jahre nach der sog. deutschen Einheit sich Ostdeutsche immer wieder auf angebliche Stasi-Mitarbeit überprüfen lassen müssen und die westdeutschen Kolonialherrschaften auch 30 Jahre später in deren üblichen Arroganz meinen, der Ostdeutsche könne nicht bis Drei zählen, haben Ostdeutsche alles Recht der Welt, sich nicht mit den Brotkrümmeln von westdeutschen Tischen zu begnügen ....
Fakten - bei der letzten Bundestagswahl und der letzten EU-Wahl gab es für die AfD auf eine Stimme aus dem Osten zwei Stimmen aus dem Westen. Die AfD-Hochburgen liegen in NRW, Baden-Württemberg und Bayern. "Braun wählen" ist somit kein "ostdeutsches Phänomen" oder "ostdeutsches Problem". Sondern typische "Normalität" im Westen, siehe NPD, Die Republikaner, DVU, Pro NRW ....
Da fällt mir jetzt eigentlich nur noch Brecht ein:
Nach dem Aufstand des 17. Juni
Ließ der Sekretär des Schriftstellerverbands
In der Stalinallee Flugblätter verteilen
Auf denen zu lesen war, daß das Volk
Das Vertrauen der Regierung verscherzt habe
Und es nur durch verdoppelte Arbeit
zurückerobern könne. Wäre es da
Nicht doch einfacher, die Regierung
Löste das Volk auf und
Wählte ein anderes?