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Kurator'in für: Pop und Kultur Fundstücke
Schlüsselmoment? Auf undurchsichtigen Wegen, die nichts mit Geld, sondern mit krimineller Energie zu tun haben, ergattert 1979 ein kleiner Junge seine erste Platte. "Parallel Lines" von Blondie - als Picture Disc, was wichtig ist, weil der kleine Junge damals eher visuell als musikalisch an Musik interessiert ist. Das ändert sich mit den ersten Tönen dieser Platte. Um die Geschichte kurz zu machen: Der Junge wird größer, versucht sich in verschiedenen Subkulturen und landet schließlich beim Radio, bei Gedrucktem, beim Netz, um über Musik zu reden und zu schreiben. Nur ein paar Namen: ByteFM ("Electro Royale", "Time Tunnel"), Deutschlandfunk und Deutschlandfunk Kultur, Tagesspiegel. Ein Blog namens technoarm.de und natürlich ein wöchentlicher Podcast: "Pop nach 8".
Seine große Liebe ist der Club, aber eigentlich findet er Chet Baker genauso spannend wie Blake Baxter. Mal sehen, wie das endet.
Auch mich hat es schon erwischt! Vor Jahren war ich in Wien unterwegs und landete in einem Restaurant, das angenehm leer war und über eine ordentliche Speisekarte zu verfügten schien: die "Gräfin vom Naschmarkt". Ohne ins Detail gehen zu wollen: Schnell fand ich damals heraus, was man in der "Gräfin vom Naschmarkt" nicht machen sollte: essen. Keine Einzelmeinung, so wie ich sehen das sehr, sehr viele Leute. Sie haben in einschlägigen Foren im Netz über das Restaurant geurteilt und dabei sensationell schlechte Bewertungen vergeben.
"Fresskritiker" Severin Corti, der seit Jahren Woche für Woche im Wiener Standard Restaurantbesprechungen abliefert, wollte persönlich überprüfen, ob diese verheerenden Bewertungen tatsächlich gerecht sind. Entstanden ist die beste mir bekannte Gastrokritik überhaupt! So lakonisch, so süffisant, so freundlich vernichtend. Schon sein Einstieg hat es in sich:
Die Sitzkissen der Bestuhlung sind mit Fettflecken und anderen Speiseresten versehen, was deutlich macht, dass hier tatsächlich gegessen wird.
Corti und seine Begleitung bestellen ein paar Gerichte von der Speisekarte, sie sprechen mit dem einmalig uninteressierten Geschäftsführer, sie wagen sich an Schnitzel, an die mit "Trockenkäse-Sägemehl" bestreute Lasagne und an eine Sättigungsbeilage, bei der man eigentlich nichts falsch machen kann. Eigentlich.
Dass der Semmelknödel, ein beeindruckender Flummi von außen leimiger, innen trockener Konsistenz und zarten Spülwasser-Anklängen im Finish, ebenso wie das Sauerkraut auf einem Extrateller serviert werden, ist zwar inkonsequent, macht die Kombination aus Semmelbröselteppich mit Semmelknödel aber um nichts weniger stimmig. Hier findet nicht zusammen, was nicht zusammengehört.
Wie gesagt, ein toller Text, der von seinen journalistischen Beobachtungen genauso lebt wie von der Poesie der Worte. Oder um es mit Severin Corti zu sagen:
Der Kritiker rechnet es der "Gräfin" hoch an, dass er ihr Essen gut vertragen hat.
Quelle: Severin Corti Bild: Robert Newald derstandard.at
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