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An Literatur interessiert mich besonders, wie Mentalitäten und soziale Mechanismen sichtbar werden. Für das BÜCHERmagazin schreibe ich vor allem über Comics, Phantastik und digitale Literatur. Ich mag Konflikte, Tentakel und sprachliche Schönheit.
Wenn Online-Diskussionen an ihre Grenzen stoßen, insinuieren die Streitenden gern, ihr Gegenüber wohne im Keller seiner Eltern, klebe den ganzen Tag vor dem Bildschirm und ernähre sich von Kartoffelchips und Mountain Dew. „Get a life!“ raten sie einander. In einer Hütte in den Wäldern Washingtons, fernab der nächsten Internetverbindung, betreut Dr. Hilarie Cash junge Menschen, die genau das versuchen.
Manche von ihnen werden untergewichtig aufgenommen, weil sie monatelang erst dann ans Essen dachten, wenn ihre Hände zu sehr zitterten, um den Controller bedienen zu können. Einer der Protagonisten lebte zuletzt in seinem Auto, las wie besessen Nachrichten und verbreitete schockierende politische Ansichten in den Kommentarspalten des Economist, wenn er sich nicht gerade zu Online-Pornografie blutig onanierte.
ReSTART ist ein Zwei-Phasen-Programm: Die Patienten werden zunächst 45 Tage lang auf Entzug gesetzt und dann behutsam an die Welt, der sie sich verweigerten, gewöhnt. Dr. Cash betrachtet Internetsucht als „Intimitätskrankheit“ ähnlich der Sexsucht. Auf die neurologischen Mechanismen dahinter geht Jagger Gravning in diesem Artikel für Vice Motherboard näher ein.
Joanna Walters' Text ist vor allem sprachlich stark, Jagger Gravning setzt sich eingehend mit der Psychologie der Sucht auseinander. Die beiden Reportagen ergänzen einander wunderbar. Die Erkenntnisse aus Dr. Cashs Praxis könnten jedem von uns helfen, unsere Online-Kommunikation zu verbessern.
Quelle: Joanna Walters Bild: Rafael Soldi EN theguardian.com
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