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Fundstücke

Die geraubten Kinder der DDR

Christian Gesellmann
Autor und Reporter

Geboren 1984 in Zwickau, Studium der Politikwissenschaft, Geschichte und Germanistik in Jena und Perugia. Volontariat bei der Tageszeitung Freie Presse, anschließend zweieinhalb Jahre als Redakteur in Zwickau. Lebt als freier Autor in Leipzig und Bukarest. Quoten-Ossi bei Krautreporter.

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Christian GesellmannSamstag, 10.02.2018

Jürgen Becker greift in dieser berührenden Reportage für die Chemnitzer Tageszeitung Freie Presse ein schreckliches Unrecht der DDR-Zeit auf, das bis heute unerforscht ist, über das die Wende einen Schleier des Schweigens gelegt hat, und dessen Opfer von der Bundesrepublik ignoriert werden. Es geht um vermutlich bis zu 10.000 Kinder, die ihren Eltern geraubt wurden.

"Erziehung war in der DDR Staatsziel. Wer nach Einschätzung der Behörden nicht in der Lage war, seine Kinder zu "sozialistischen Persönlichkeiten heranzubilden", dem wurden sie genommen."

In der "Interessengemeinschaft gestohlener Kinder der DDR" haben sich mehr als 1200 Betroffene zusammengeschlossen, deren Kinder zwangsadoptiert, für tot erklärt wurden oder spurlos verschwunden sind. Anfang April will sie ihre Forderungen an den Bundestag übergeben. Jürgen Becker sprach mit dem Leipziger Andreas Laake, der wegen Republikflucht in Haft saß. Sein noch ungeborener Sohn verschwand in dieser Zeit. 

Weil im Einigungsvertrag die Zwangsadoptierten schlicht vergessen wurden, gelten auch für Leute wie Andreas Laake bundesdeutsche Datenschutzregeln. Das heißt, er darf zwar als leiblicher Vater beim Jugendamt einen Brief hinterlegen. Ob die Adoptiveltern den dann aber an das Kind weiterreichen, ist ihnen überlassen. (...) Mit der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten ist aus Unrecht Recht geworden."

Laake gibt nicht auf und findet seinen Sohn: "Immerhin ein paar Kinderbilder erhält Laake, aber keine Adresse. Er droht mit Hungerstreik – und geht an die Öffentlichkeit. Im Oktober 2013 berichtet die Sat.1-Sendung "Bitte melde Dich" über seinen Fall. Einen Tag später klingelt um 19.02 Uhr sein Telefon. "Es war gefühlt minutenlang still, aber meine innere Stimme sagte: Leg nicht auf", erzählt Laake. "Irgendwann habe ich dann rausgebracht: Marko, bist Du's?" Eine fremde Männerstimme antwortete: "Ja, Dein Marko."
Die geraubten Kinder der DDR

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Kommentare 4
  1. Achim Engelberg
    Achim Engelberg · vor fast 7 Jahre

    Hier ein Beitrag, in dem ein Fall aus dem Artikel auftaucht.
    https://www.zdf.de/nac...
    Jedes geraubte Kind ist eins zu viel, allerdings spricht hier der Vorsitzende der Opferverbände (!) von 235 Verdachtsfällen, die dringend aufgeklärt werden müssten.

    Wie kommt die Vermutung von bis zu 10 000 geraubten Kindern zustande?

    1. Daniela Becker
      Daniela Becker · vor fast 7 Jahre

      Diese Verein von Betroffenen spricht von 649 gefundenen Kindern: http://zwangsadoptiert....

    2. Christian Gesellmann
      Christian Gesellmann · vor fast 7 Jahre

      Wie weit die Schätzungen auseinandergehen, zeigt, wie wenig wir wissen. 10.000 klingt natürlich unvorstellbar. Aber völlig unrealistisch ist das nicht. Aus dem Artikel: "Etwa 75.000 Inkognito-Adoptionen gab es zu DDR-Zeiten. In all diesen Fällen erfuhren die leiblichen Eltern nicht, wohin ihre Kinder kamen. Wie oft dabei Zwang im Spiel war, weiß niemand. Dieses düstere Kapitel der DDR-Geschichte ist bis heute so gut wie unerforscht. Laake schätzt aber, dass 10.000 Kinder ihren Eltern geraubt wurden." Ganz am Ende des Artikels heißt es dann nochmal: "In der "Interessengemeinschaft gestohlener Kinder der DDR" haben sich mehr als 1200 Betroffene zusammengeschlossen, deren Kinder zwangsadoptiert, für tot erklärt oder spurlos verschwunden sind." Daniela Becker weist unten auf einen Verein hin, der von rund 650 "gefundenen" Kindern spricht. Zu beachten ist natürlich, was jeweils genau unter "Betroffene" oder "Verdachtsfälle" gemeint ist.

    3. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor fast 7 Jahre

      @Christian Gesellmann Es ist kein Feld meines Wissens.

      Ich war nur über die Zahl erstaunt und gab vorhin "gestohlene Kinder DDR" ein und kam zu dem ZDF-Beitrag, der deutlich geringe Zahlen nennt.

      Nun gab ich "gestohlene Kinder" ein und der erste Eintrag war:
      http://www.faz.net/akt...

      In Spanien gab es bis in die 1990er Jahre (!, Franco starb 1975) rund 300 000 gestohlene Kinder. Möglicherweise ist es ein internationales Problem...

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