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Bilder und Töne aus dem Jahr der Anarchie - Prenzlauer Berg 1990

Anne Hahn
Autorin und Subkulturforscherin
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Anne HahnDienstag, 28.02.2017

Zwei Monate im Umbruch, schwarz-weiß Bilder aus einem Zwischen-Land.  "Berlin – Prenzlauer Berg: Begegnungen zwischen dem 1. Mai und dem 1. Juli 1990" ist ein DEFA-Dokfilm aus dem Jahr 1991, gedreht von der leider viel zu früh verstorbenen Dokumentarfilmerin Petra Tschörtner. Ein rares Dokument des Vakuums. Die Mauer ist noch nicht vollständig beräumt, die Eckkneipen und Tante-Emma-Läden sind noch nicht entmietet, Punk lebt. Der Piratensender Radio P sendet aus einer Wohnung im Prenzlauer Berg, Aljoscha Rompe (damals Bandleader von Feeling B) erzählt, dass es momentan keine Gesetzesgrundlage für die Anmeldung eines Radiosenders gäbe. Also sendet man drauflos. Auf dem ehemaligen Mauerstreifen am Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark spielen Rex Joswig ( „Herbst in Peking“, "Grenzpunkt Null") und seine Band „We need revolution“.

Im Prater wird getanzt, im Altenheim Essen verteilt, Harald Hauswald zieht fotografierend durch den Kiez und im Keller des Knaack-Klubs läuft jede Nacht Disko. Im Wiener Café hält Titten-Gitti Hof, tanzt und singt: "Mucki, mein Schnucki, legste mit mir ne Sohle uffs Parkett?" Morgens mit den letzten Gästen vorm Café singt der Drehbuch-Coautor Jochen Wisotzki ("Flüstern und Schreien") lauthals "Meine Heimat", Konnopke öffnet seine Luken. Keiner weiß, was sein wird.

Das passende Buch zum Film ist übrigens das wunderbare "Durchgangszimmer Prenzlauer Berg", in welchem literarisch-dokumentarisch erforscht wurde, was Prenzlauer Berg war. Der Freitag schrieb dazu: "Das dicke Buch sollte jedem zur Pflichtlektüre gemacht werden, der vom Prenzlauer Berg schwärmt. […] Vielleicht war es diese Symbiose aus proletarischen Widerstandsresten und der Sehnsucht junger Bewohner, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, die den Charakter des Bezirkes prägten.«



Bilder und Töne aus dem Jahr der Anarchie - Prenzlauer Berg 1990

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