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Kurator'in für: Flucht und Einwanderung Literatur Fundstücke Zeit und Geschichte
Dissertation über John Berger (Dr. phil.). Seine Essays und Interviews, seine Reportagen und Rezensionen erscheinen u. a. in Neue Zürcher Zeitung, Blätter für deutsche und internationale Politik, Sinn und Form, Jacobin und Lettre International. Als Historiker wertet er den in der Berliner Staatsbibliothek vorliegenden Nachlass seines Vaters aus. So erschienen »Die Bismarcks. Eine preußische Familiensaga vom Mittelalter bis heute« (2010, zusammen mit Ernst Engelberg) oder die von ihm herausgegebene Neuedition von Ernst Engelbergs »Bismarck. Sturm über Europa« (2014). Als Buchautor publizierte er zuletzt das literarische Sachbuch »An den Rändern Europas« (2021).
Im Straßengewirr der großen Städte gibt es Haupt- und Nebenwege, Alleen und Boulevards, aber nur wenige Straßen sind wie Seismographen, die die Erschütterungen der Welt registrieren. An ihnen kann man Geschichte wahrnehmen, Gegenwart erkennen und Zukunft prognostizieren.
Es sind nicht die klangvollen Namen, die jeder kennt: weder die Champs-Élysée noch die Straße Unter den Linden. Hier findet der Besucher eine mehr oder weniger gelungene Repräsentanz von Macht und Pracht.
Eine Straße, die wie ein Seismograph wirkt, zeichnet Wandlungsfähigkeit aus – und zwar eine unwandelbare. Eine solche ist die Berliner Kantstraße mit ihren vielen asiatischen Geschäften und Restaurants oder mit der Buchhandlung Hedayat, benannt nach einem klassischen persischen Autor, gegründet und geführt wird sie von dem wahrscheinlich einmal klassisch werdenden Schriftsteller Abbas Maraufi. Über seine Emigration aus dem Iran bemerkte er einmal sarkastisch:
Wir sind nicht revolutioniert, wir sind explodiert. Ein Arm landete in Europa, ein Bein in Indien, ein Zeh in England und der Kopf flog bis nach Amerika. Was im Ursprungsland derer blieb, die gegen ein verlogenes, diktatorisches Regime auf die Straße gegangen waren, ist der Bauch, der sich seitdem übergibt.
Es entstanden globale Familien, verstreut über die Welt, man findet Teile von ihnen in der Kantstraße, vor allem aber in der Sonnenallee.
Gegründet wurde die Tradition mit der Ansiedlung Vertriebener ausgerechnet vom Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I., der ab 1737 protestantische Flüchtlinge aus dem katholischen Böhmen aufnahm. Im sogenannten böhmischen Dorf verständigten sich die Bewohner jahrzehntelang lieber auf Tschechisch denn auf Deutsch. Eines der wenigen Denkmäler hier stellt den Vater des zur legendären Gestalt verklärten Alten Fritz dar. Seitdem kamen hier immer wieder Vertriebene und Migranten an, zuletzt - was hier diskutiert wird - aus der arabischen Welt.
Geschichten von gestern und heute gibt's in der multimedialen Story.
Quelle: Dominik Mai, Felix Firme, Frauke Hinrichsen, Klara Niederbacher, Robert John, Silvia Perdoni, Miriam Stock u. a. story.berliner-zeitung.de
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