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Kurator'in für: Flucht und Einwanderung Literatur Fundstücke Zeit und Geschichte
Dissertation über John Berger (Dr. phil.). Seine Essays und Interviews, seine Reportagen und Rezensionen erscheinen u. a. in Neue Zürcher Zeitung, Blätter für deutsche und internationale Politik, Sinn und Form, Jacobin und Lettre International. Als Historiker wertet er den in der Berliner Staatsbibliothek vorliegenden Nachlass seines Vaters aus. So erschienen »Die Bismarcks. Eine preußische Familiensaga vom Mittelalter bis heute« (2010, zusammen mit Ernst Engelberg) oder die von ihm herausgegebene Neuedition von Ernst Engelbergs »Bismarck. Sturm über Europa« (2014). Als Buchautor publizierte er zuletzt das literarische Sachbuch »An den Rändern Europas« (2021).
Die Ankommenden sind wieder ein Thema und sorgen – aufgrund von Agitation und Propaganda – für einen kräftigen Ruck nach Reaktionär.
Freilich, es muss gehandelt werden – kurz – wie langfristig. Ein Einwanderungsgesetz zum Beispiel wäre ein Gebot der Stunde; langfristig bedarf es radikaler Veränderungen. Die Flüchtlinge verkörpern in vielerlei Hinsicht die Vielfachkrise der Epoche.
Noch ist die Zahl, der in Lampedusa oder in der Ägäis Ankommenden so klein, dass keine "Flut", kein "Strom" sich bildet. Während nach der Ausweitung der Kriegszone in der Ukraine auf jedem deutschen Bahnhof Flüchtlinge offensichtlich waren, ist das im Mittelmeerraum bis auf wenige Punkte wie Lampedusa nicht der Fall. Da ich gerade von einer Recherche von dort komme, sah ich es.
Die systemisch verantwortungslose Flüchtlingspolitik des Friedensnobelpreisträgers Europäische Union, aber auch anderer Regionen des "Wertewestens" stellt der Politikwissenschaftler Maximilian Pichl in den Blättern für deutsche und internationale Politik präzise wie scharf dar:
Zunehmend stellen die ökonomisch starken Staaten des Globalen Nordens rechtsstaatliche Asylverfahren zur Disposition und setzen auf Abschottung. In den USA hat die Regierung unter Joe Biden eine Regelung zu verantworten, durch die Schutzsuchenden die Einreise verweigert wird, wenn sie nicht zuvor Asyl in einem Drittland beantragt haben. Im Juli 2023 kippte ein US-Bundesgericht diese Regelung zwar vorläufig, aber der Kurs der Regierung ist klar.
Prägnantes diesseits und jenseits der EU kann der auch juristisch geschulte Vertretungsprofessor anführen und endet damit:
Der Fokus auf Abschottung und die Darstellung von Flucht als Gefahr haben rechte und rechtsextreme Bewegungen und Parteien in Europa gestärkt. Da sie in vielen EU-Mitgliedstaaten inzwischen die Migrationsagenda vorgeben, haben sich die Spielräume für eine menschenrechtsbasierte Asyl- und Migrationspolitik in den vergangenen Jahren erheblich verkleinert.
...
Angesichts dessen müssen sich die zivilgesellschaftlichen Kräfte, die für die Verteidigung von Menschenrechten einstehen, neu sortieren und transnationale Bündnisse vertiefen.
Im Falle des Tunesien-Deals hat sich zumindest gezeigt, dass NGOs, Aktivisten und Medienschaffende auf der europäischen und tunesischen Seite sehr schnell in der Lage waren, die Menschenrechtsverletzungen zu skandalisieren. Solche Partnerschaften müssen dringend vertieft werden.
Das wird auch deshalb notwendig, da in unseren Breiten die Rechte von Schutzsuchenden beschnitten werden und Flüchtlinge im oben genannten Tunesien in die Wüste geschickt werden. An der jemenitischen Grenze zu Saudi Arabien zum Beispiel kommt es – nach Angaben von Human Rights Watch – sogar zu Tötungen.
Immer wieder ist erstaunlich, was Papst Franziskus sagt. Nicht nur, dass er mit dem Ausdruck "Weltkrieg in Stücken" wohl ein entscheidendes Stichwort zur Charakterisierung der Epoche gab, seine Rede in Marseille ist groß.
Marseille, die Stadt der Flüchtlinge gestern und heute, die auch der Papst beschwört, wird in diesem piq vielstimmig vorgestellt.
Bildmächtig beschwört der Papst die Gläubigen und erreicht wohl auch etliche Andersdenkende, ja, Atheisten:
Der Süden wendet sich dem Norden zu, so viele Entwicklungsländer, die von Instabilität, Regimen, Kriegen und Verödung geplagt sind, blicken auf die wohlhabenden Länder in einer globalisierten Welt, in der wir alle miteinander verbunden sind, aber die Kluft noch nie so tief war wie heute. Und doch ist diese Situation nicht erst in den letzten Jahren entstanden, und dieser Papst, der vom anderen Ende der Welt kommt, ist nicht der erste, der sie als dringlich und besorgniserregend empfindet. Die Kirche spricht schon seit mehr als fünfzig Jahren eindringlich davon.
Quelle: Maximilian Pichl, Papst Franziskus u.a. Bild: Eine Europafahne ... www.blaetter.de
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Vielen Dank für den Beitrag! Mit welchem Recht sanktionieren wir im Westen dann noch Staaten wie China, Russland oder andere Staaten wegen Menschenrechtsverletzungen, wenn wir es - auf unsere Weise - genauso tun?