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Warum #metoo in Schweden nach hinten losging

Meike Leopold
Kommunikationsexpertin

Kommunikationsexpertin mit Wurzeln im Journalismus. Unternehmensbloggerin der ersten Stunde. Buchautorin und Speakerin. Selbstständige Beraterin für (digitale) Unternehmenskommunikation. Bloggt auf www.start-talking.de.

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Meike LeopoldDienstag, 22.03.2022

Es kommt nicht häufig vor, dass eine Story mich erstmal absolut sprachlos macht. Diese hat es getan. Den einigermaßen verstörenden Umgang mit #metoo (ausgerechnet!) in Schweden rollt die NYT (einige freie Artikel pro Monat) anhand der Geschichte von Cissi Wallin auf. 

Der sehr ansprechend aufbereitete Longread beschreibt detailliert, wie die Schriftstellerin und Schauspielerin mitten in der #metoo Welle eine bereits länger zurückliegende Vergewaltigung öffentlich machte. Der Beschuldigte, ein bekannter Journalist, ging daraufhin mit einer Verleumdungsklage zum Gegenangriff über. Wallin stand auf einmal selbst am Pranger und ist heute wegen eines Buches über ihr Erlebnis sogar von Haft bedroht. 

Mr. Virtanen has never been charged with any crime in connection to his encounter with Ms. Wallin. (He has denied her allegations.) She, meanwhile, is a convicted criminal, at risk of prison time.

Die Journalistin Jenny Nordberg beobachtet den Fall seit Jahren und hat durch ihre Berichterstattung dazu bereits selbst mit dem schwedischen Recht Bekanntschaft gemacht. Sie ist zwar selbst Schwedin, unterliegt als Autorin der NYT jedoch der amerikanischen Rechtsprechung. Die Unterschiede in Bezug auf Fälle wie den von Wallin beschreibt sie ausführlich.

Wallin hat einen mutigen Schritt gemacht und teuer dafür bezahlt. Warum haben so viele andere betroffene Frauen in Schweden nie gewagt, die Namen der Männer zu nennen, die sie missbraucht hatten? 

...in Sweden, the possibility of publishing the name of someone accused of sexual misconduct, even with multiple witnesses and accounts, would be risky.

In Schweden sei es also riskant, den Namen einer Person zu veröffentlichen, die des sexuellen Fehlverhaltens beschuldigt wird, selbst wenn es mehrere Zeugen und Berichte gibt. 

Denn kommt es, wie im Fall Wallin, zu einem Prozess wegen Verleumdung, ist es für die Betroffene nicht zulässig, den erlittenen Angriff im Detail zu beschreiben, weil der Name des von ihr Beschuldigten nicht weiter beschädigt werden darf. Mit anderen Worten, sie wird von Rechts wegen mundtot gemacht. 

Das Gericht beschloss, dass Wallins Anschuldigung nicht von öffentlichem Interesse und deshalb nicht gerechtfertigt sei. Die Folge: Es wurde gar nicht erst darüber befunden, ob sie wahr ist oder nicht. 

Only if the court decides that a statement is justifiable will it move on to consider whether or not it is true.

Wallin ist nicht die einzige Frau, die in Schweden schuldig gesprochen wurde, weil sie einen Täter outete. Das ist unglaublich. Denn was das schwedische Rechtssystem offenbar als Privatsache ansieht, ist in Wahrheit politisch. 

#MeToo was always a way of saying that the state and society at large had failed women, that they hadn’t been listened to or protected, and now women had to speak for themselves.
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Kommentare 1
  1. Cornelia Gliem
    Cornelia Gliem · vor mehr als 2 Jahre

    interessant (und für betroffene Frauen furchtbar). interessant dass also der generelle Vorwurf, metoo hätte zu Lynchjustiz gegenüber Männern geführt, so zumindest nicht stimmt.
    interessant, furchtbar und sozial gefährlich.

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