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Europa

Reminder: In Belarus herrscht Freiheitskampf

Ulrich Krökel
Osteuropa-Korrespondent / Piqer für DLF-Europaformate
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Ulrich KrökelFreitag, 27.11.2020

Um die Demokratiebewegung in Belarus ist es in westlichen Medien still geworden. Die Massenproteste im Land gehen zwar Wochenende für Wochenende weiter. Aber die mediale Karawane ist längst weitergezogen. Die Trump-Abwahl, die Corona-Krise und das ungarisch-polnische Doppelveto gegen den EU-Haushalt bestimmen seit Wochen die Schlagzeilen. Das ist ein Grund, warum ich an dieser Stelle mal wieder den Fokus auf Belarus richten will. Ein anderer Fokus ist die Qualität der Analyse des belarussischen Journalisten Alexander Klaskowski, die dank dekoder.org auf Deutsch zugänglich ist, wie immer bei dekoder inklusive vieler weiterführender Informationen. Der Text ist wie ein Interview strukturiert, aber es handelt sich eher um Antworten in FAQ-Art.

Klaskowski arbeitet unter anderem für die belarussische Nachrichtenagentur Belapan, die vielleicht nicht wirklich "unabhängig" ist, wie es traditionell heißt. Die Agentur wird immerhin vom Regime des Diktators Alexander Lukaschenko geduldet, und das heißt auch, dass die Journalist*innen bei ihrer Arbeit immer am Rand des staatlichen Zugriffs entlanglavieren müssen. Dennoch liefert Belapan, zwischen den Propagandamedien des Staatsapparates und den meist im Ausland betriebenen Oppositionsplattformen, oft die solidesten und zuverlässigsten Informationen. Und die Belapan-Leute beziehen auch durchaus klar Stellung, so wie hier Klaskowski:

Es gibt genug Beweise, dass bei [der Präsidentschaftswahl] am 9. August 2020 Millionen Belarussen für [Oppositionskandidatin Swetlana] Tichanowskaja gestimmt haben. Sie vom Dialog auszuschließen, bedeutet, den Willen dieser Millionen Bürger zu ignorieren, die immer noch in Belarus sind und sich nicht damit abfinden werden, dass man ihre Stimmen stiehlt. Gleichzeitig werden die Protestierenden dämonisiert, als Radikale oder Abfall der Gesellschaft verunglimpft. [...] Wie kann dann überhaupt noch von einer Befriedung der Gesellschaft die Rede sein?

Ausführlich widmet sich Klaskowski der für Januar geplanten Allbelarussischen Volksversammlung, die nach dem Willen Lukaschenkos eine neue Verfassung ausarbeiten soll. Ist das eine Chance für einen Neuanfang im Land?

Zudem soll die neue Verfassung durch ein Referendum bestätigt werden. Wohlgemerkt unter demselben Regime, das nicht einmal mehr seine eigenen, oft drakonischen Gesetze ausführt. Mit derselben Zentralen Wahlkommission, die zu 120 Prozent von Lukaschenko kontrolliert wird. Und wahrscheinlich nach demselben Muster des Machtmissbrauchs wie die letzte Wahl. Denn anders könnte Lukaschenko kein Referendum gewinnen.

Und danach? "Könnte eine noch größere Protestwelle folgen", sagt Klaskowski.

Reminder: In Belarus herrscht Freiheitskampf

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Kommentare 4
  1. Achim Engelberg
    Achim Engelberg · vor 4 Jahren

    Ja, es kann dramatisch werden.

    Allerdings: Wenn ich im Treptower Park spazierengehe, komme ich am Protestcamp gegenüber der Botschaft vorbei. Wenn ich die Aktivisten frage, wie es denn mit der Streikbereitschaft in den Betrieben steht, bekomme ich ausweichende Antworten oder den Hinweis, es dauert noch bis man so weit wäre. Könnte es sein, dass die Gesellschaft gespalten ist wie in vielen anderen Ländern?

    Gerade ist ein Buch über die Revolte in Belarus, die zur Revoltion werden kann, herausgekommen. Hier ein Vorabdruck: https://www.perlentauc...

    1. Ulrich Krökel
      Ulrich Krökel · vor 4 Jahren

      Ich schätze das nicht so ein, dass die Gesellschaft in dem Sinn gespalten ist, wie wir das z.B. über Polen, die USA usw. sagen. Wenn überhaupt, dann gibt es in Belarus drei Gruppen: 1) die aktiven Oppositionellen, die auf die Straßen strömen; 2) die schweigenden und eher ängstlichen Lukaschenko-Gegner, die aus Angst um ihren Job und ihre Familien eben nicht streiken; 3) eine recht kleine Gruppe von Regimetreuen und Lukaschenko-Fans, die leider an allen Schalthebeln der Macht sitzen. Dass große Teile der belarussischen Gesellschaft Lukaschenko unterstützen, so wie beachtliche Teile der US-Wählerschaft leider Trump ihre Stimme gegeben haben, schließe ich aus. Die Demos, die das Regime zu organisieren versucht hat, waren immer extrem dürftig besetzt. Ansonsten: Vielen Dank für die spannende Buchempfehlung!

    2. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor 4 Jahren

      @Ulrich Krökel Danke für Deine Einschätzung.

      Wahrscheinlich sind die Momentaufnahmen vor der Botschaft nicht repräsentativ. Die Aktivisten stehen, die Jogger und Spaziergänger gehen vorbei, das kann entmutigen. Jedenfalls antworten sie ausführlich, wenn ich eine Frage stelle. Manchmal brauche ich das nicht einmal, weil sie mich ansprechen, wenn ich die Nachrichten lese, die sie verbreiten.

    3. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor 4 Jahren · bearbeitet vor 4 Jahren

      @Ulrich Krökel Vielleicht gibt es eine vierte Gruppe, die nicht unbedingt große Fans von Lukaschenko sind aber den Akteuren der Demokratiebewegung nicht trauen Wachstum und politische Stabilität hinzukriegen. So habe ich das jedenfalls in einer langen und heißen Diskussion mit Verwandten und Freunden aus der Ukraine und Weißrussland verstanden. Die haben glatt bestritten, das große Teile des Volkes (außerhalb der Großstadt) hinter der Revolution stünden.

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